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Ein Logistikzentrum für ein Königreich? 16|04|2011
Karl und Elfriede werden Freunde - wenn die Ware doch Flügel hätte! ... waren wirklich Sätze, die während einer Präsentation "fielen"!
Prinzip Hoffnung für ein Milliardengrab?
Um die Ware oder Container von einem Schiff auf die Schiene zu bekommen, braucht man ein Güterverkehrszentrum. Das hat Wilhelmshaven mit einem 12 Millionen Kredit aus dem regulären Haushalt im Zuge einer "Muss-Beteiligung" für den als Jahrhundertprojekt angepriesenen Containerhafen bauen lassen.
Im Verhältnis zu Rotterdam ist dieser im Bau befindliche Container Terminal an der Jade winzig, aber in den Augen der Protagonisten riesengross und zukünftig von immenser strategischer Bedeutung in der sogenannten Nordrange.
Das mit "Karl und Elfriede" haben wir nicht erfunden, sondern das hat Dr. Thomas Nobel vom Güterverkehrszentrum Bremen zu Anfang seines Vortrages wirklich gesagt. Gemeint ist damit die "Freundschaft" zwischen einem Lastkraftwagen und einem Güterzug. Dieses Erklärungsniveau wäre durch die Sendung mit der Maus und durch eine Erkläuterung von Armin in seinem Experimentierkeller locker getoppt worden, da sind wir uns sicher.
Es zeigt deutlich, wo man den Level des Verstandes der Wilhelmshavener Zuhörer inzwischen vermutet, die auch an diesem Abend beim "WZ-Stammtisch", einem Heimatblatt Format, wieder auf die Ziele der Investoren eingeschworen werden sollten.
Getragen wurde der Abend vom Prinzip Hoffnung, gepaart mit der Firma Nordfrost, dem ersten Investor, der einen Vertrag unterschrieben hat, um sich gleich hinter den späteren Containerlagerflächen eine 20 Hektar grosse Fläche für sein Obst und Gemüse Tiefkühlzentrum zu sichern.
Dort will er allen Ernstes dem Containerhafen Rotterdam Konkurrenz machen, über den 80 Prozent des deutschen Obst- und Gemüsehandels abgewickelt werden. Er behauptet, dass Wilhelmshaven strategisch besser positioniert sei und verspricht, noch bevor der Hafen überhaupt in Betrieb geht, ein rasantes Wachstum.
Der Containerterminal Wilhelmshaven, der global betrachtet unbekannt ist, soll laut Horst Bartels zu einem der bedeutendsten Häfen Deutschlands emporsteigen, was natürlich einschliesst, dass Hamburg oder Bremehaven zur Bedeutungslosigkeit "verkommen" müsste.
Spätestens der neue Oberbürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz [SPD], dürfte da ein kräftiges Veto einlegen und die prächtig aufgestellte hanseatische Hafenwirtschaft, der er beinahe bedingungslose Wirtschaftshilfe garantierte, wird sich da auch nicht lumpen lassen.
An diesem Beitrag zeigt sich auch wieder die unkoordinierte Hafenwirtschaft Deutschlands und der gnadenlose Konkurrenzkampf untereinander, der laut Protagonisten eigentlich gar nicht existiert, aber immer wieder genannt und als Ärgernis von der jeweiligen Presselandschaft in der jeweiligen Stadt artikuliert wird.
Ein zweiter Investor hat in Wilhelmshaven erstes Interesse bekundet, der dänische Logistiker DSV [www.dsv.com], weltweit Nummer 5, aber in Deutschland weniger bekannt. Er machte auch gleich deutlich, "wohin die Reise geht" und sagte, dass das Unternehmen hauptsächlich an den Standorten Interesse bekunde, an denen es die Nummer 1 in Sachen Logistik werden könnte. Harald Scheff betonte, dass es ihm nicht um Subventionen gehen würde, was in unseren Ohren ein wenig weltfremd und tendenziell unseriös wirkt.Investoren stellen immer Bedingungen und spielen gerne Standorte gegeneinander aus, so dass die Anreizsituation, also das Standort-Entgegenkommen, wächst. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass man mehrere Standorte zur Auswahl hätte, Wilhelmshaven aber wegen seiner hervorragenden Lage und allem, was wir aus der PR-Maschinerie schon kennen, mehr in den "Fokus" gefasst habe. Auf die Frage, wann ein Vertrag denn unterschrieben werden könne, antwortete er, wenn überhaupt, dann wahrscheinlich im Frühjahr 2013. Dafür müssten die Bedingungen dann auch stimmen, d. h. eine funktionierende Bahnanbindung vorhanden sein muss, was natürlich einer Subvention des deutschen Steuerzahlers gleichkommt.
Dem ganzen prognostizierten Aufschwung darf natürlich keine Wirtschaftskrise mehr dazwischenkommen, sonst würde die ganze Projektschönrechnung quasi ins Wasser fallen. DSV erläuterte auch noch, dass bei den qualifizierten Arbeitnehmern der Logistikbranche ein Fachkräftemangel in naher Zukunft bevorstünde.
Schon jetzt werben sich die Unternehmen diese Arbeitnehmer untereinander ab, betonte Horst Bartels vom Unternehmen Nordfrost. Er ist aber zuversichtlich, dass ihm das bei seinem Unternehmen nicht passieren werde, da das Arbeitsklima hervorragend sei.
Wer sich in der Wirtschaft einigermassen auskennt weiss, dass "jede Menge" Headhunter durch das Land ziehen, um hinter den Kulissen Fachkräfte aller Art abzuwerben.
Unterm Strich war dieser Abend nichts anderes, als dem Fussvolk und potentiellen Investoren zu verkünden, dass der erste Mieter auf dem Containerterminal "festgemacht" hat und der Platz für weitere Unternehmen knapp werden könne, weil ja noch jede Menge in der Schlange stünden.
Betrachtet man das Projekt gesamtheitlich, dann kommen eher noch mehr Zweifel auf, als vorher, denn die Hafenwirtschaft ist ein fragiles Wirtschaftsgeflecht. Kommt eine Krise daher, dann geraten genau die Städte ins Hintertreffen, die hauptsächlich auf Grossprojekte setzen und sich wirtschaftlich weniger breit ausrichten.
Nicht zuletzt die Situation des im Bau befindlichen Kohlekraftwerkes und die Ungewissheit, ob der von Hitachi gelieferte Stahl für die Kessel und Rohre wirklich das taugt, was sich Hersteller und Betreiber versprachen, zeigt, wie sehr sich Wilhelmshaven Privatinvestoren und den globalisierten Wirkmechanismen geradezu ausliefert.
Als Lerneffekt sollte sich das Gros der Wilhelmshavener Politprominenz auch noch einmal die drohende Schliessung der Raffinerie Wilhelmshaven und die Auswirkungen auf die Kommune und das Umland zu Gemüte führen oder die schon etwas länger zurückliegende Katastrophe der Olympia Werke.
Wir hatten an diesem Abend das Gefühl, dass Wilhelmshaven einfach nicht aus seinen Katastrophen lernen will und Wilhelmshaven sein Schicksal bedingungslos den ewiggleichen Spezialisten anvertraut, die pausenlos das Lied eines ewig andauernden Aufschwungs verkünden, den es leider nicht gibt.
Deutschland hat inzwischen 2 Billionen Euro Schulden angehäuft, die auch zurückgezahlt werden müssen. Der Rettungsschirm, der sich so harmlos anhört, könnte dazu beitragen, dass sich das Blatt des Aufschwungs ganz schnell wendet, aber, negative Wellen verdrängt man gerne, so auch an diesem Abend.
Das Placebo, das an diesem Abend im Kreuzelwerk ausgegeben wurde, könnte sich als die "Heisse Luft" entpuppen, die die Wilhelmshavener aus der Vergangenheit nur zu gut kennen, in der potentielle Investoren so schnell verschwanden, wie sie kamen.
C'est la vie.
Wolf-Dietrich Hufenbach
Dokumentarfilmer | Wilhelmshaven
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