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Nationales Hafenkonzept verabschiedet
25|11|2011



Die Containerriesen sollen kommen. Umso wichtiger ist eine gut koordinierte Hafenwirtschaft.

Auf dem Parteitag der Grünen am 19. Und 20.11.2011 in Verden ist eine Resolution gegen die weitere Vertiefung der Elbe und der Weser und für ein nationales Hafenkonzept verabschiedet worden.

Dies stärkt den Jade Weser Port und ist ein gutes Signal für Wilhelmshaven, so der Kreisvorsitzende der Grünen Wilhelmshaven Peter Sokolwski.

Peter Sokolowski ist Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft [LAG] „Häfen und Schifffahrt“ der Grünen Niedersachsen und hat dieses Papier auf dem Landesparteitag eingebracht. Die LAG hat ein Grundsatzpapier über die ökologischen und ökonomischen Folgen weiterer Flussvertiefungen von Elbe und Weser erstellt und fordert hierin weiter ein nationales Hafenkonzept.

Durch den Bau des Jade Weser Ports [JWP] sind diese Flussvertiefungen überflüssig, denn der JWP ist in der Lage alle Schiffsgrößen tideunabhängig zu bedienen, so Sokolowski.

Die Angst der Häfen Bremerhaven und Hamburg, Containerschiffe an den JWP zu verlieren, so Sokolowski weiter, ist die einzige Triebfeder, die hinter der Elb- und Weservertiefung stehen. Um diese Ängste und Vorbehalte auszuräumen, sowie das Gelingen des JWP zu garantieren, brauchen wir nationale Konzepte die das Ladungsaufkommen verteilen.

Die Forderung nach einem nationalen Hafenkonzept ist schon alt, aber die Notwendigkeit dies endlich zu erstellen, wird immer größer, so der Kreisvorsitzende.

Hier der genaue Wortlaut:

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 19./20. November 2011 in Verden


Für ein Norddeutsches Hafenkonzept – Gegen weitere Flussvertiefungen – Standortvorteile sinnvoll nutzen

Nutzen und Bedeutung der zahlreichen deutschen Seehäfen in Bremen/Bremerhaven, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen und Schleswig-Holstein als Schnittstellen im internationalen Gütertransport sind für die gesamte Volkswirtschaft in Deutschland und den Nachbarländern unbestritten. Spätestens die Weltwirtschaftskrise hat gezeigt, dass es in den Seehäfen im In- und Ausland massive Überkapazitäten gibt, die angesichts weiterer Ausbauvorhaben zunehmen werden. Das hat dazu geführt, dass sich die europäischen Seehäfen der Nordrange zwischen Le Havre und Hamburg einen immer ruinöseren Konkurrenzkampf liefern.

Das bisher im maritimen Sektor durch staatlich geförderte Parallelstrukturen entstandene Preis- und Umweltdumping lässt sich nicht im nationalen Alleingang lösen – hier sind unter Berücksichtigung der föderalen Struktur entsprechende Initiativen seitens der EU erforderlich.

Verkehrswege von internationaler oder nationaler Bedeutung gehören in Deutschland als Bundesverkehrswege zum Aufgabenbereich des Bundes. Die deutschen Seehandelshäfen jedoch befinden sich im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bundesländer, was einer Finanzierung durch den Bund bzw. einer ausgewogenen Finanzierung durch alle Bundesländer entgegensteht.

Die bisherige Länderkompetenz hat dazu geführt, dass vor allem die traditionell maritim ausgerichteten Stadtstaaten Hamburg und Bremen ihre Seehäfen in Fortsetzung einer historischen Tradition immer weiter zu internationalen Verkehrsdrehscheiben ausgebaut haben. Diese Entwicklung stößt an ihre Grenzen. Allein die Unterhaltung der seewärtigen Zufahrt zum Hamburger Hafen verschlingt schon jetzt ca. 100 Millionen Euro jährlich. Mit weiteren Steigerungen ist zu rechnen.

In Wilhelmshaven werden für große Containerschiffe Milliarden in den neuen Tiefwasserhafen JadeWeserPort [JWP] investiert, zeitgleich bauen Hamburg und Bremen ihre bisherige Vormachtstellung im Containerverkehr weiter aus und wollen mit Hilfe der beabsichtigten Vertiefungen von Unter-/Außenelbe und Unter-/Außenweser die großen Containerschiffe vorrangig selbst abfertigen.
 
Das Fehlen einer abgestimmten nationalen Hafenplanung hat dazu geführt, dass in Flächenländern wie Niedersachsen gleichzeitig mehrere leistungsfähige Hafenkapazitäten geschaffen wurden und noch werden sollen.

Es ist infrastrukturell unsinnig und verschwendet Steuergelder in Milliardenhöhe in einem Bereich von nur 100 Kilometern Luftlinie drei Tiefwasserhäfen zu schaffen, die sich unter Berücksichtigung der wenigen zu erwartenden übergroßen Containerschiffe gegenseitig Konkurrenz machen.

Mit Wilhelmshaven steht ab 2012 ein Containerterminal ohne Tiefgangsbeschränkung und mit erheblich kürzeren Fahrtstrecken nach Nordeuropa und in den Ostseeraum zur Verfügung. Es sind Pläne für eine Kooperation zwischen den norddeutschen Seehäfen zu entwickeln, die das Ladungsaufkommen sinnvoll verteilen und weitere Vertiefungen der Zufahrten von Elbe und Weser überflüssig machen.
 
Die wesentlichen negativen Folgewirkungen der in Rede stehenden Flussvertiefungen stellen sich wie folgt dar:
 
Flussvertiefungen erhöhen den Tidenhub und verstärken die Strömung. Dies führt zu einer stärkeren Belastung von Deichen und Deichvorland

Die fortschreitende Versalzung des Grabenwassers zerstört die biologische Selbstreinigungskraft  ganzer Regionen. Hierdurch wird die bäuerliche Landwirtschaft unmöglich, Obstbauern müssen um ihre Existenz fürchten, nicht zuletzt wird der Tourismus hierdurch bedroht.

Seitenräume verlanden, weil deren Wasser mit künstlichen Mitteln in die Fahrrinne abgeleitet wird – Versandung und Verschlickung bedrohen ganze Flussgebiete und eine

Vielzahl kleiner Freizeithäfen hinsichtlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten in den Bereichen Tourismus, Fischerei, Kleinschifffahrt und Wassersport.

Noch innerhalb dieses Jahrhunderts wird insbesondere für die Deutsche Bucht ein Meeresspiegelanstieg von bis zu 1 m vorhergesagt, der mit Blick auf Deichsicherheit und Hochwasserschutz schon jetzt hohe finanzielle und sicherheitstechnische Anstrengungen erforderlich macht.

Mit Blick auf unvorhergesehene Naturkatastrophen würde die Gefahr, die im Falle eines atomaren Unfalls von den an den Flüssen liegenden Atomkraftwerken ausgeht, als Folge von Flussvertiefungen, Klimawandel und [schon jetzt] unzureichender Deichsicherheit alles Leben gefährden.

Das Weltnaturerbe Wattenmeer droht infolge von Vertiefungsmaßnahmen unwiederbringlich zu verschwinden.
 
Ausgleich und Ersatz für die Folgen der Vertiefung sind nicht zu erwarten. Im Planfeststellungsverfahren wird jeder Vertiefungsschritt von den vorhergehenden isoliert betrachtet. Eine Gesamtbewertung der für die Schäden wesentlichen Summenwirkung erfolgt nicht.
 
Hinsichtlich der geplanten Flussvertiefungen lässt sich feststellen, dass nahezu alle großen Containerschiffe die Häfen schon jetzt anlaufen können, wie mit Blick auf die Elbe im Zuge der sog. Otterndorfer Erklärung vom 09. Januar 2008 parteiübergreifend deutlich geworden ist – der Bedarf für eine weitere Vertiefung ist aus eben diesem Grunde nicht erkennbar. Wir fordern den niedersächsischen Ministerpräsident auf, das niedersächsische Einvernehmen zur Vertiefung von Elbe und Weser gegenüber Hamburg und Bremen zu verweigern.
 
Große Überkapazitäten im Containerumschlag der Nordrange haben den Wettbewerb unnötig verschärft. Laut Bericht der Financial Times Deutschland vom 24.04.2010 droht der JWP „zu einer Investitionsruine zu werden“. In der von Hamburger und Bremer Hafenmanagern dominierten deutschen Hafenwirtschaft galt der künftige „einzige deutsche Tiefwasserhafen“ seit Jahren nur als „Ergänzungshafen“. Geplant in Zeiten hoher jährlicher Zuwachsraten im Containerverkehr wurde seitens der Hafenwirtschaft auf die schnelle Realisierung gedrängt und auf drohende Umschlagengpässe hingewiesen. Diese haben sich inzwischen als krasse Fehleinschätzung herausgestellt. Fast alle Seehäfen haben ihre Kapazitäten unabgestimmt und parallel zueinander massiv ausgebaut und/oder streben dieses an.

EUROGATE als künftiger Hafenbetreiber des JWP hat die Inbetriebnahme des Tiefwasserhafens durch eine Vereinbarung mit dem Land Niedersachsen um 9 Monate auf August 2012 verschoben. Über die in Aussicht gestellte Nutzungsintensität der ersten beiden Großschiffsliegeplätze gibt es bisher keine konkreten Angaben.

Hamburg hat sich aus der ursprünglich vor dem Hintergrund der tiefgangsbezogenen Zufahrtsproblematiken angestrebten Hafenkooperation zurückgezogen und setzt auf die beantragte Elbvertiefung, damit auch große Containerschiffe den Hamburger Hafen anlaufen können. Betrachtet man die Entscheidungsgründe der Reeder für ihre Hafenwahl, so wird allerdings deutlich, dass die Bedeutung der beantragten Flussvertiefungen nach Hamburg und Bremerhaven überbewertet wird. Für Reeder und Logistiker sind Faktoren wie Ladungsaufkommen, Leistungsfähigkeit, Hinterlandanbindungen, Kostenstruktur und Transportzeit entscheidend.

Deshalb gilt es jetzt, alle machbaren Alternativen zu prüfen und hinsichtlich aller Belange neu zu bewerten. Sinnvolle Hafenkooperationen müssen die besonderen Vorteile der einzelnen Standorte verstärkt nutzen und Schwächen anderer Häfen dementsprechend ausgleichen. [Vgl. hierzu die Ergebnisse der beiden großen Reederbefragungen der HypoVereinsbank aus 2007 und 2010]
                                             
Ziel einer solchen Kooperation deutscher Seehäfen ist die Nutzung des Jade-Weser-Ports als einzigen deutschen Tiefwasserhafen für die Containerumladung von Mega-Frachtern zum Weitertransport auf Feederschiffe.
 
Diese Aufgaben müssen im Rahmen einer echten nationalen Hafenkooperation zusammengeführt werden.

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Peter Sokolowski
Kreisvorsitzender
BÜNDNIS 90 | DIE GRÜNEN
Wilhelmshaven

Quelle: Bündnis 90 | Die Grünen - Kreisverband Wilhelmshaven


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