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Verschlossene Auster 2007 für Wladimir Putin 16|06|2011
Die verschlossenen Auster.
Russischer Präsident erhält Kritik-Preis des Netzwerk Recherche
Die
Verschlossene Auster, der Kritik-Preis des Netzwerks Recherche für den
„Informationsblockierer des Jahres“ geht 2007 an den russischen
Präsidenten Wladimir Putin. Er erhält den Preis wegen der anhaltenden
Behinderung der freien Presse in Russland. „Putin ist ein lupenreiner
Gegner der Presse- und Meinungsfreiheit; unbequeme Wahrheiten lässt er
rigoros unterdrücken“, sagte Thomas Leif, der Vorsitzende des Netzwerk
Recherche anlässlich der Preisverleihung auf der Jahreskonferenz der
Journalistenvereinigung in Hamburg. „Wenn es um Schutz und Garantie der
Pressefreiheit geht, steht Putin den Mechanismen der Diktatur näher als
den Prinzipien der Demokratie.“ Die schriftliche Einladung des Netzwerk
Recherche an den russischen Botschafter, den Preis stellvertretend für
Putin entgegenzunehmen, blieb unbeantwortet. Seit Putins Amtsantritt
2000 wurden in Russland 14 Journalisten, die kritisch über Staat und
Regierung recherchierten, ermordet oder starben auf mysteriöse Weise.
Laut einer Studie des New Yorker „Committee to Protect Journalists” ist
Russland während der vergangenen 15 Jahre für Journalisten das
gefährlichste Land der Welt gewesen – nach Irak und Algerien, die sich
beide im bürgerkriegsähnlichen Zustand befinden. Die Morde und
Todesfälle sind nur die Spitze eines Eisbergs. Durch diese Morde und
durch viele Fälle, in denen Journalisten verfolgt und behindert wurden,
entstand in Russland ein Klima, das Kritik und Debatten nicht zustande
kommen lässt. Es ist ein Klima, in dem nicht das freie Wort, sondern
Selbstzensur herrscht. Nach Auffassung des Netzwerk Recherche ist Putin
mitverantwortlich für dieses System. In seiner Laudatio auf den Preisträger sagte Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung: „Die Meinungsfreiheit in Russland ist die Freiheit, Putin zu lieben – die meisten Russen machen davon Gebrauch. Und die Pressefreiheit in Russland ist die Freiheit, so zu schreiben, wie Putin es mag – die meisten Medien machen davon Gebrauch.“
Medienvielfalt gibt es in Russland – aber nur auf dem Papier. In seiner
Laudatio kritisierte Heribert Prantl die Unterwerfung der für die
politische Meinungsbildung relevanten Medien unter die Kontrolle der
Staatsmacht: „Was im Jahr 2000 mit der Übernahme des Fernsehsenders NTW
durch das staatliche Unternehmen Gazprom begann, endete damit, dass
heute alle überregionalen Fernsehsender in Putins Russland dem Staat
gehören oder Unternehmen, an denen der Staat die Aktienmehrheit
besitzt.“ Bei den Printmedien sehe die Situation ähnlich aus.
Die Ermordung von Anna Politkowskaja, Reporterin der Zeitung Nowaja Gaseta, im vergangenen Jahr lenkte die Aufmerksamkeit auf die zunehmende Unterdrückung der Pressefreiheit. Sie war bereits die dritte Mitarbeiterin ihrer Redaktion, die seit dem Amtsantritt Putins im Jahr 2000 ihr Leben verlor. Nach dem Mord an Anna Politkowskaja hat Putin tagelang geschwiegen und erst auf Nachfrage von Journalisten im Ausland gesagt, die Artikel der Journalistin hätten Russland geschadet. Außerdem sei sie eine „völlig unbedeutende“ Journalistin, die nur Menschenrechtsaktivisten und Journalisten bekannt sei. Anfang
des Jahres bekräftigte Putin zwar auf einer Pressekonferenz im Kreml vor
1000 Journalisten aus dem Aus- und Inland die Bedeutung der
Pressefreiheit. Er sei sich seiner Verantwortung bewusst und versicherte
den anwesenden Journalisten: „Wir werden alles tun, um das Pressekorps
zu schützen.“ Seinen Worten lässt Putin jedoch keine Taten folgen, so
dass das Netzwerk Recherche an der Ernsthaftigkeit seiner Worte
zweifelt. Von den 14 Journalisten, die seit 2000 ums Leben kamen, wurde
kein einziger Fall aufgeklärt. Nur in drei Fällen wurden angebliche
Täter verhaftet. Doch selbst in diesen Fällen haben es Staatsanwälte und
Gerichte versäumt, Verantwortliche zu verurteilen. Putin kontrolliert ein Land, in dem Demokratie und Unfreiheit gleichberechtigt nebeneinander existieren, so als seien beide miteinander vereinbar. Die Bürger, die Putin an die Spitze ihres Staates gewählt haben und viele seiner kritikwürdigen Gesetze und Aktionen gebilligt haben, bedürfen nach Ansicht des Netzwerk Recherche einer freien Presse, um die Gefahren und Folgen dieser Politik abschätzen zu können. „Ohne freie Medien wird es in Russland keine Demokratie- Entwicklung geben“, so der Vorsitzende des Netzwerk Recherche, Thomas Leif. Die „Verschlossene Auster“
wurde in diesem Jahr zum sechsten Mal verliehen. Sie steht als
mahnendes Symbol für mangelnde Offenheit und Behinderung der
Pressefreiheit von Personen oder Organisationen gegenüber den Medien.
Die Preisträger erhalten zur mahnenden Erinnerung und zur Besserung eine
Granit- Skulptur des Marburger Künstlers Ulrich Behner. Preisträger der
vergangenen Jahre waren der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily,
der Lebensmittelkonzern ALDI, die HypoVereinsbank [stellv. für die
DAX-Unternehmen], der damalige DFBPräsident Gerhard Mayer-Vorfelder und
der Chef der Deutschen Bahn AG, Hartmut Mehdorn. Am gestrigen
Freitag stand unter dem Titel „Pressefreiheit unter Druck“ die
Gefährdung der Pressefreiheit in Osteuropa auf dem Programm der
NRJahreskonferenz. Mehr als 30 führende Recherche-Journalisten und
Experten aus fast allen Ländern Osteuropas berichteten aus erster Hand
über die Einschränkung ihrer Arbeitsmöglichkeiten und die Rolle der
Medienfreiheit für die Entwicklung der Demokratie in ihren
Heimatländern. Dieser Konferenzteil wurde von Netzwerk Recherche in
Kooperation mit der auf das Thema Osteuropa spezialisierten
Journalistenvereinigung „n-ost“ gestaltet.
Quelle: Netzwerk Recherche
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