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07|02|07 Dreiste Geschäfte -
Die heimliche Einkaufstour eines ZeitungsverlegersQuelle: ZAPP
Die NWZ [NordwestZeitung] macht von sich reden, aber nicht mit investigativem Journalismus oder objektiver Bewusstseinsschärfung, sondern ganz anders... Am Mittwoch Abend trauten wir unseren Augen nicht, als wir den Bericht von Zapp förmlich aufsaugten. Inzwischen haben wir diesen Bericht in alle Himmelsrichtungen versendet. Das einige Zeitungen davon nicht berichteten machte uns stutzig, hatten wir diese doch als unabhängig eingestuft. Lesen Sie aber selbst und machen Sie sich ab jetzt ihre ganz eigenen Gedanken über die Zeitungslandschaft in Ostfriesland:
Ostfrieslands Zeitungslandschaft ist vielfältig. Jede Kleinstadt hat ihr Lokalblatt: Emden die Emder Zeitung, Leer die Ostfriesenzeitung, Jever das Jeversche Wochenblatt. Mehr als 30 regionale Zeitungen konkurrieren an der niedersächsischen Westküste. Der größte Verlag hat seinen Sitz in Oldenburg. Dort bringt Reinhard Köser die Nordwestzeitung heraus. Ein Mann der Tat: Sein mediales Imperium vergrößert er selbst gegen die Widerstände des Bundeskartellamtes. Als ihm dieses untersagte, Anteile der Emder Zeitung zu übernehmen, fragte Köser bei den Kartellwächtern in Bonn, ob sie den Zukauf genehmigen würden. Die Bundesbehörde kündigte an, dieses "Zusammen- schlussvorhaben zu untersagen". Aber Köser ließ sich nicht beirren und ging heimlich auf Einkaufstour. Auch in die Ostfriesenzeitung kaufte er sich ein. Mittlerweile dominiert er den Markt der regionalen Printmedien. Zapp über dreiste Geschäfte im ostfriesischen Blätterwald.
Ostfriesland - beschaulich, friedlich, unaufgeregt. Doch hinter dieser schönen Kulisse rumort es gewaltig, denn die einst so vielfältige Medienland- schaft ist zerstört.
Dieser Verlag hat sich krakenartig ausgebreitet: Alles fest in der Hand des Nordwestzeitungsverlages. Horst Röper, Medienwissenschaftler: "Die Bevölkerung hat nur noch die Chance über lokale regionale Vorgänge aus einer Quelle zu erfahren. Der Verleger diktiert, was die Bevölkerung eben erfährt und was eben auch nicht." Theo Strünker, Betriebsrat "Ostfriesen-Zeitung": "Man liest zwar auf allen Zeitungen "unabhängig, über- parteiisch", aber da muss sich jeder sein eigenes Bild machen, was das angeht." Reinhold Kühnrich, ehemaliger Verleger, Oldenburg: "Sie nehmen kaum noch politische oder sonstige Aufgaben wahr, sie sind einfach Unterhaltung geworden."
Emder Zeitung
Emden: Ehemals eigenständige Zeitungen, wie etwa die "Emder Zeitung", sind aufgekauft worden. Sie gehört heute der Pressebeteiligungsgesellschaft PBG. Investoren: Ein Lederwarenfabrikant, eine Baufirma und eben der Verleger der "Nordwest-Zeitung".
Grünkohlessen der Stadt Oldenburg in Berlin, das gesell- schaftliche Ereignis für alle wichtigen Niedersachsen. Mittendrin - Reinhard Köser, der Chef der "Nordwest-Zeitung". 1998 hat er listig seinen Beutezeug in Ostfriesland gestartet und Zeitung um Zeitung gekauft. Illegal. Gegen den Willen des Bundeskartellamts.
Das hatte Köser vorab schon mal gefragt und ignoriert.
Ulf Böge, Leiter Bundeskartellamt: "Wir hatten 1999 eine Anmeldung. Wir haben deutlich gemacht, dass wir kartell- rechtliche Bedenken haben." In einer Bundesdrucksache hielt das Amt damals fest, dass es beabsichtige "das Zusammenschlussvorhaben zu unter- sagen". Ulf Böge: "Daraufhin ist gesagt worden: Wir werden den Zusammenschluss nicht weiter verfolgen. Wir haben im Nachhinein jetzt festgestellt, dass der Zusammenschluss sogar schon 1998 vollzogen war." Horst Röper: "Kleinere Anteile werden offiziell übernommen, inoffiziell übernehmen dann Verwandte, Bekannte, Freunde im Sinne des Hauptübernehmers Anteile. Und so hält man sich eben nicht an geltendes Recht und betrügt das Bundes- kartellamt."
Verdachtsmomente. Ostfriesen-Zeitung Leer: Sitz der "Ostfriesen-Zeitung". Auch sie war einst unab- hängig. Über juristische Tricks hat er sich eingekauft, hat auch hier ein entscheidendes Wörtchen mitzureden. Horst Röper: "Letztlich dominiert das Unternehmen heute die lokale regionale Berichterstattung in dieser Region und hat da ein absolutes Monopol. Das ist viel stärker als jenes etwa von Springer im Zeitungs- markt oder früher von dem gewaltigen Herrn Kirch, weil es zu den beiden immer noch Alternativen gab. Über die lokale Berichterstattung gibt es aber eben keine anderen Medien, die frei von Herrn Köser Bericht erstatten könnten."
Auch bei der "Ostfriesen-Zeitung" sind die Besitzverhältnisse eigenwillig: Offiziell gehören Reinhard Köser nur 16 Prozent. Inoffiziell, wie auch bei anderen Zeitungen, hält Köser weitaus größere Anteile.
Mit wilden Beteiligungskonstrukten hat sich Köser die Meinungs- macht in der Region gesichert. Aber dazu möchte er lieber keine Fragen beantworten. Reporterin: "Herr Köser, warum kaufen Sie sich denn mit un- lauteren Mitteln in ostfriesische Verlage ein?" Reinhard Köser, Verleger: "Also, ich will Ihnen mal eins sagen: Über ein laufendes Verfahren gebe ich keine Auskunft. Das Ver- fahren läuft. Und mehr kann ich nicht sagen."
Zeitungs-Monopol Immer weniger Vielfalt, immer mehr Einfalt. Nur der Betriebsrat spricht mit Zapp - die Journalisten in der Region schweigen. Theo Stünker: "Es werden immer mehr gleiche Artikel in beiden Zeitungen veröffentlicht. Dazu kommt noch, dass der Mantel, also der gesamte überregionale Teil von diesen beiden Zeitungen und auch noch von anderen Zeitungen genutzt wird, so dass man da schon fast von einem Einheitsbrei reden kann."
Das Bundeskartellamt will Köser` s Shoppingtouren nun nicht mehr tolerieren.
Ulf Böge: "Wir haben eine Reihe von Fusionen, die nicht angemel- det wurden. Wir arbeiten das peu a peu ab, und wir haben in dem einen Fall, nämlich der Ostfriesen-Zeitung, jetzt eine Abmahnung rausgeschickt und haben das Entflechtungsverfahren eingeleitet. Denn wir gehen davon aus, dass hier eine Verstärkung der markt- beherrschenden Stellung eingetreten wäre oder ist. Und die ist aufzulösen."
Nordwest- Zeitung Oldenburg, die Zentrale des Köser`schen Imperiums. Der Sitz der "Nordwest-Zeitung". Sie ist das Flagschiff Kösers. Mit ihr und allen Beteiligungen zusammen erreicht er fast 70 Prozent aller Leser in der Region. Und seine Macht reicht noch viel weiter. Köser ist der wichtigste Arbeitgeber für Journalisten, in einer Region mit über zehn Prozent Arbeitslosigkeit. Theo Strünker: "Das drückt sich auch in dem Verhalten der einzelnen Mitarbeiter aus." Reporterin: "Das heißt, die sind sehr anpassungsbereit?" Theo Strünker: "Schön umschrieben, ja. Ich habe da eine andere These, die ich immer sage: Die Garde der Arschkriecher, die wächst." Reinhold Kühnrich: "Für die Redakteure, soweit sie noch selbständig denken, ist es schwierig geworden. Wenn sie aufgehört haben zu denken, haben sie ein relativ leichtes Leben." Reporterin: "Inwiefern?" Reinhold Kühnrich: "Problemlos, wenn sie das berichten, was angenehm ist, ist das in Ordnung. Greifen sie Probleme auf, scheitern sie im Regelfall an der Verlagspolitik."
Ein beachtliches Meinungsmonopol: Gerade einmal zwei unab- hängige Zeitungen sind geblieben: Die "Rheiderland-Zeitung" mit einer Auflage von 6000 und die "Ostfriesischen Nachrichten" mit einer Auflage von 15.000. Köser schweigt sich weiter über seine Beteiligungen aus.
"Unter den Teppich schauen" Reporterin: "Herr Köser, ich würde Sie gerne noch einmal fragen, warum Sie sich mit unlauteren Mitteln in die ostfriesischen Zeitungs- verlage einkaufen?" Reinhard Köser: "Also, es wäre gut, wenn Sie mich jetzt in Ruhe lassen würden, bitte!"
Ulf Böge: "Dass man davon nichts anmeldet und zwar auch solche nicht, die vielleicht kein kartellrechtliches Problem bedeutet hätten, ist eine Strategie und zwar in einem solchem umfassenden Maße auch vorgenommen worden als Strategie, dass es für das Bundes- kartellamt eine neue Erfahrung ist." Horst Röper: "Ich bin ziemlich sicher, wir werden auch in anderen Regionen der Republik auf ähnliche Verhältnisse wie in Ostfriesland stoßen, wenn wir erst einmal unter den Teppich schauen. Vieles ist eben dort verborgen geblieben und bislang noch nicht aufgefallen, aber die Verhältnisse werden mancherorts ähnlich sein wie dort."
Quelle:
[Hier klicken: ZAPP] Kritische Medienberichterstattung [NDR] _____________________________________________________
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