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Deutsche Umwelthilfe kritisiert rechtswidrige Praktiken bei der Verpackungsentsorgung 26|11|2009
Im kleinen Rahmen klappt die illegale Müllentsorgung auch schon.
Zwei Millionen Tonnen
Verpackungen verschwunden – Industrie erspart sich 700 Millionen Euro
Recyclingkosten – Verpackungsabfälle werden offenbar in großem Stil
kostensparend umdeklariert – Unternehmen delegieren Verantwortung für
eine ordnungsgemäße Entsorgung auf Beratungsunternehmen und
Systembetreiber – Gezahlte Preise reichen für hochwertige Entsorgung
nicht aus – Deutsche Umwelthilfe bezweifelt rechtliche Zulässigkeit der
Praxis und kündigt eigene Kontrollen an
Berlin - Mit
Tricks zu Lasten der Entsorgungsqualität und der Transparenz der
Stoffströme umgehen Hersteller offenbar in großem Stil klare Regelungen
der Verpackungsverordnung. Insgesamt sparen die Unternehmen durch den
„kreativen“ Umgang mit den Regelungen der Verpackungsverordnung
Entsorgungskosten in Höhe von jährlich mindestens 700 Millionen Euro.
Das erklärte die Deutsche Umwelthilfe e. V. [DUH] in Berlin unter Verweis auf ihr vorliegende Unterlagen. Die Praxis ist nach Überzeugung der DUH rechtswidrig.
Ausgangspunkt für die massive Kritik der DUH an der ihrer Ansicht nach
nicht ordnungsgemäßen Verpackungsentsorgung ist eine klaffende Lücke
zwischen anfallenden und zur Entsorgung angemeldeten Verpackungen. Nach
Berechnungen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung [GVM]
fallen in deutschen Haushalten jährlich knapp sechs Millionen Tonnen
Verpackungsmüll an. Davon haben die Unternehmen jedoch im Jahr 2009 nur
rund vier Millionen Tonnen zur Entsorgung angemeldet.
„Wenn
ein Drittel des Verpackungsmülls auf dem Papier gar nicht existiert,
liegt der Verdacht des Betrugs nahe. Fast zwei Millionen Tonnen an
Verpackungsabfällen verschwinden in Kanälen, in die sie nicht gehören
und vermutlich in der Verbrennung. Sie werden damit nicht nach den
gesetzlichen Vorgaben stofflich recycelt“, sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Der DUH lägen schriftliche Angebote von Beratungsunternehmen und auch
Entsorgern der so genannten dualen Systeme an Produkthersteller vor,
die wenig Zweifel daran ließen, dass immense Kosteneinsparungen dadurch
realisiert werden sollten, dass Verpackungsmengen aus der
haushaltsnahen Wertstoffsammlung „umdeklariert und wegdefiniert“ werden.
„Wir werden jetzt fragwürdige Verträge und Geschäftspraktiken im
Bereich der Verpackungsentsorgung näher unter die Lupe nehmen und die
zuständigen Behörden informieren“, kündigte Resch an. Für die
Fehlmengen fehlt die Transparenz über ihre Entsorgung. Die dualen
Systeme berechnen die gesetzlich vorgeschriebenen Recyclingquoten auf
Basis der bei ihnen lizenzierten Mengen. Was darüber hinaus gehe, finde
den billigsten Entsorgungsweg. Aufgrund der derzeit niedrigen
Verbrennungspreise sei dies oft die Müllverbrennung oder die illegale
Deponierung.
Laut
Verpackungsverordnung müssen Unternehmen, die Produkte in Verpackungen
verkaufen, die Verpackungen bei einem der insgesamt neun Firmen des
dualen Systems anmelden. Der Verpackungsabfall aus privaten Haushalten
muss also grundsätzlich über die Gelbe Tonne bzw. den Gelben Sack der
dualen Systeme ent-sorgt werden. Daneben sind für Verpackungen, die zum
Beispiel in Gaststätten, Hotels, Verwaltungen, Krankenhäusern oder
Schulen anfallen, so genannte Branchenlösungen zulässig.
Dieser Entsorgungspfad ist deutlich kostengünstiger, weil der
anfallende Verpackungsmüll in der Regel homogener zusammengesetzt ist,
sorgfältiger getrennt wurde und es vergleichsweise wenige Sammelstellen
für relativ große Abfallmengen gibt. Die Kosten senkende Weg- und
Umdeklaration von Haushaltsverpackungen in den Sektor der
Branchenlösungen läuft über Berater innerhalb und im Umfeld der dualen
Systeme.
Die aktuelle Diskrepanz zwischen den erwarteten und tatsächlich
gemeldeten Verpackungsmengen von knapp zwei Millionen Tonnen pro Jahr
legt den Verdacht nahe, dass dabei die Verpackungsverordnung nicht nur
großzügig, sondern klar ordnungswidrig ausgelegt wird.
Der
DUH liegen eine Reihe von Angeboten und andere Hinweise vor, die in
diesem Zusammenhang auf rechtlich fragwürdige Geschäftspraktiken bei
der Verpackungslizenzierung deuten. Unter anderem geht es um die
intransparente Aufteilung der Lizenzmengen auf duale Systeme einerseits
und Branchenlösungen anderseits. Für die Berechnung des Anteils
„branchenfähiger Verpackungen“ werden meist durchschnittliche Annahmen
der GVM zu Grunde gelegt. Darüber hinausgehende Anteile an Verpackungen
können nur dann in Branchenlösungen lizenziert werden, wenn sie
nachweislich nicht in den Haushalten landen.
Nur die Herstellerunternehmen selbst haben detaillierte Informationen
darüber, welcher Anteil ihrer Verpackungen in privaten Haushalten bzw.
bei den so genannten gleichgestellten Anfallsstellen landet. Dennoch
offerieren einige Berater und Systembetreiber ihren Kunden offenbar
Pauschalangebote zur Aufteilung der Verpackungsabfälle auf die
verschiedenen Entsorgungssysteme.
So bietet beispielsweise eine
Beratungsfirma mit eigener Branchenentsorgung potenziellen Kunden die
„kostengünstige Erfüllung der verpackungsrechtlichen Pflichten […] durch Optimierung der zur Verfügung stehenden Entsorgungsmöglichkeiten […]“ an. Alles zu nicht aufgeschlüsselten Pauschalpreisen, die auffällig unter den Marktpreisen anderer Wettbewerber liegen.
Die
Kunden bekommen eine jährliche Pauschalbestätigung, dass die
erforderlichen Rücknahme- und Verwertungspflichten insgesamt
ordnungsgemäß erfüllt wurden. Die Beratungsfirma arbeitet mit einem
„Vollmachtsmodell“: Sie schließt für den Kunden Verträge ab und
hinterlegt auch die erforderlichen Vollständigkeitserklärungen. Es ist
deshalb davon auszugehen, dass die Kunden nicht mehr wissen, welche
ihrer Verpackungen über welchen Weg entsorgt werden und ob die
Aufteilung den Verpflichtungen der Verpackungsverordnung genügt.
Dabei sind nicht nur Beratungsunternehmen aktiv, sondern auch duale
Systeme selbst. Ein der DUH vorliegendes Angebot eines der neun dualen
Systeme belegt, dass der Anstoß, die Lizenzmengen von den dualen
Systemen wegzudefinieren, teilweise aus den eigenen Reihen kommt.
„Rund-um-sorglos-Pakete mit der pauschalen Bestätigung einer
ordnungsgemäßen Entsorgung mögen für die Unternehmen auf den ersten
Blick reizvoll sein.
Dem Hersteller wird schwarz auf weiß dokumentiert, dass er angeblich
seinen Pflichten bei der Verpackungsentsorgung nachkommt. Ob dies in
der realen Welt der Fall ist interessiert ihn nicht. Doch die
Verantwortung hört nicht mit dem Aushandeln eines günstigen
Entsorgungsvertrags auf“, mahnt Maria Elander, die Leiterin
Kreislaufwirtschaft bei der DUH.
Die
Hersteller sind im Sinne der Produktverantwortung für die
ordnungsgemäße Entsorgung ihrer Verpackungen verantwortlich. Sie
müssten deshalb in jedem Fall in der Lage sein, zu belegen, was
faktisch mit ihren Verpackungen passiert. Dies sei aber mit einigen
derzeitigen Vertragskonstellationen nicht möglich.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe
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