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Das Männer-Magazin
19|03|2013



Belanglosigkeit, schon länger, auch in der SZ.

Quelle der Inspiration für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

Da hatte ich doch immer geglaubt, die Läden von BUGARI [fette Kluncker], LOUIS VUITTON [Taschen mit dem Logo-Futter nach außen] oder DOLCE & GABBANA [Protz-Logos auf allen Produkten] am Berliner Ku-Damm seien nur für die Familien russischer Oligarchen da: Die haben die Knete sich Kirmes-Geschmeide für 200.000 Euro, Lederjacken für 4.000 oder Kroko-Taschen für 5.000 Euro zu kaufen. Die sind auch die einzigen, die immer die Läden füllen. Und denen, weil sie noch nicht so lange reich sind, könnte man nachsehen, dass sie die teuren Marken als Krückstöcke für ihren Geschmack benutzen müssen. Aber ich nehme alles zurück. Denn das bunte Magazin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG [SZ] ist nicht für Russen. Aber vielleicht für deutsche Oligarchen?

Mit fast einer halben Million Auflage bringt die SZ - sie wird zu den deutschen Leitmedien gezählt - ihr Magazin jeden Freitag unter die Leute. Hochglanz-Magazine sind immer Anzeigenfänger. Deshalb haben die angeblichen Edelschneider ganzseitige Anzeigen im SZ-Magazin, deshalb muss Davidoff mit einem Parfüm namens "The Game" untertitelt mit Winner takes all" vertreten sein, und die Firma Tods, die diese unsäglich albernen, aber schweineteuren Schuhe mit den vielen Noppen unter der Sohle herstellt, darf sogar den Rücktitel belegen. Aber was schreibt die ach so gebildete Redaktionsmannschaft um die Anzeigen herum? Diesmal ein Männer-Magazin. Und wer sich unter einem Männermagazin nackte Tatsachen vorstellt und sich das wiederum bei der seriösen SZ nicht denken mag, der hat erstens recht und zweitens irrt er sich. Die SZ widmet sich geschlagene zehn Seiten einer Nudisten-Kreuzfahrt.

Neben Fotos jeder Menge nackter Menschen ist zu lesen, dass eine Reisende mit den Brüsten zucken kann, und "er mit seinem Penis das gleiche vermag". Was wir nicht erfahren ist, dass der FOCUS das nackte Schiff schon vor Wochen referiert hat. Macht nichts, inhaltlich wird die SZ dem FOCUS ohnehin immer ähnlicher. Welcher Herrenduft welchem Typ ähnlich ist will eigentlich keiner wissen, aber die Parfum-Hersteller Hermés, Chanel oder Bulgari haben wahrscheinlich ordentlich Geld für dieses Thema rübergeschoben. So hat die SZ den Phantombildzeichner eines Landeskriminalamtes engagiert, der nach den sachdienlichen Angaben diverser Damen, die eine Vorstellung von einem in Chanel getränkten Mann haben, Typen gezeichnet. So viel Parfüm-Geld für so viele Verbrecher-Visagen: Ob sich Hermès dieses Ergebnis wirklich gewünscht hat?

Der Gipfel journalistischer Männerrecherche ist ein Portrait des Schwarzwald-Arztes und Traumschiff-Fahrers Sascha Hehn, der als maskulines Muster der besonderen Art bewundert wird: "Der Patriarch sitzt immer noch hier", sagt der Schauspieler und man sieht das stolze Lächeln durch die dünnen Zeilen schimmern. Dass er, wenn er mal einen S-Bahnschläger in der S-Bahn träfe, den eigenhändig erschlagen würde, versteht sich bei jemandem, der weiß dass Franz-Josef Strauß immer versucht hat "die Dinge zu regeln." Ordentlich "Druck hinter der Stimme" attestiert einer der Magazin-Autoren einem, der den Speck der letzten 50 Jahre mit Stolz trägt und seit 31 Jahren, als Mitglied einer schlagenden Verbindung, Schmisse im Gesicht sammelt: "Das letzte große Abenteuer." Dann darf ein durchgeknallter Werbe-Fuzzi noch sagen: "Echte Kämpfer essen keinen Honig- sie kauen Bienen", flankiert von einer Anzeige mit künstlichen Straßenkämpfern, die in falschem Kyrillisch behaupten, sie kämen von der Klamotten-Firma Antony Morato.

Wer danach die Samstags-Ausgabe der Süddeutsche liest, erkennt im dümmlichen aber total schicken Magazin, die Quelle der Inspiration für die normale SÜDDEUTSCHE: Aufgemacht mit einem Rembrandtschen Pilger auf der ersten Seite wird vom "Rebell Gottes geschwafelt". Gemeint ist der neue Papst. Und so wie die Zeitung vorne zu wissen scheint was der Wille Gottes ist, so verspricht sie, nach ausgiebigem Weihrauch schnüffeln, weiter hinten in zwei langen Spalten vom Latino-Papst: "Da lebt einer einen anderen Stil, und schon ändert er was." Später, auf den Wirtschaftsseiten, darf ein Jesuiten-Pater seinen religiösen Orden als Manager-Schule preisen. Das korrespondiert vorzüglich mit der Lobpreisung eines SZ-Schreibers, der die europäische Banken-Finanzierung in Zypern als "alternativlos" bezeichnet. Auch das Feuilleton der SZ bleibt von schleimiger Anpassung nicht verschont. In einem fünfspaltigen Bericht über eine Biennale im Emirat Sharjah verpackt die Autorin ihre wenigen kritischen Bemerkungen behutsam in Fragen, dass im Emirat die Scharia in brutalster Form herrscht, erfährt der Leser nicht. Dafür plappert man devot ständig über "Herrscherfamilie" und die Tochter des Despoten heißt natürlich "Prinzessin, das Wort Diktatur kommt einfach nicht vor. Es wird Zeit, dass die SZ ein Frauen-Magazin macht. Die Biennale-Berichterstatterin hat sich ihr Chanel-Kostümchen tapfer verdient.



Uli Gellermann

Quelle: Rationalgalerie

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