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Der Klimawandel
13|09|2011



Der Klimawandel kommt - der politische hingegen wurde wieder vertagt.

Zwischen den Sommerinterviews, Wahlstress pur und der Freude über ein "Street-Art-Festival", ein neues kulturelles Highlight in Wilhelmshaven, ist es völlig untergegangen, ein Thema, das uns alle bewegen müsste: Was wird denn nun aus Boomtown?

Genau so gespalten, wie sich die Jadestadt wegen mannigfacher Propaganda schon seit Jahrzehnten präsentiert, bleibt das kleine gallische Dorf am Jadebusen auch nach der Kommunalwahl am 11. September 2011.

Die Politiker werden Wilhelmshaven weiterhin antizyklisches Verhalten zuschreiben, was auf die Wirtschaftsleistung bezogen, trotz aller lokalpatriotischen Beteuerungen, auch zukünftig wenig positiv gewertet werden kann.

Die Bilanz der Parteien, die in den letzten Dekaden die Hauptverantwortung trugen, bleibt aus, d. h. es kommt noch schlimmer.

Postuliert wird weiterhin eine Wahrheit, die keine ist und der größte Teil der 50 Prozent, die zur Wahl gegangen sind, manifestieren den Stillstand, den Wilhelmshaven eigentlich gar nicht nötig hätte:
Die Verantwortlichen aus der politischen Vergangenheit bleiben in der Mehrzahl verantwortlich und sollen die Geschicke weiter leiten, was für eine Ironie der Geschichte.
Da spielt viel Verzweiflung mit.

Es hätte ein Wechsel werden können, unterm Strich mehr Pluralismus, aber es soll sauber bleiben, unser schönes Dorf mit der
Schokoladenseite.

Als Beispiel für Verzweiflung gibt es ein sehr interessantes Beispiel:
Zitat: " ... Nach Erdbeben, Tsunami und Nuklearkatastrophe ringt Japan mit der schweren Krise - doch die Jugend bleibt meist passiv: Nur wenige Studenten protestieren gegen Atomkraft, dafür mit viel Wut im Bauch und in ausgefallenen Tierkostümen. Der große Rest fürchtet Arbeitslosigkeit mehr als Kernenergie. ... "
[Quelle: spiegel-online | 12-09-2011]

Klar sind Arbeitsplätze wichtig, aber bestimmt nicht in atomar verseuchten Gebieten. Auch in Europa versteht man sich excellent auf Desinformation, was die Beschreibung von Unfällen in Atomkraftwerken angeht, warum soll es da den Japanern besser ergehen.

Wilhelmshavens Probleme nehmen zu und vergessen zu sein scheint, dass der Haushalt immer größere Löcher aufweist und niemand weiß, wieviel Verschuldung noch in den undurchsichtigen Gesellschaften stecken. Hinzu kommt, das sich bei schrumpfender Einwohnerzahl die Grundkosten für jeden einzelnen Bürger verteuern werden. Da wird keine Landesregierung, wie es anregt wurde, vom Himmel fallen und der Stadt 75 Prozent ihrer Schulden erlassen - schöner Traum. Das klappt vielleicht im Wangerland, mit einigen wenigen Millionen, aber nicht mit mehr als 100 Millionen Euro plus Holdingschulden.

Die selbsternannten Macher mobben die Mahner aus der Öffentlichkeit oder versuchen es zumindest. Kollektives Bewusstsein heisst dann in erster Linie mitzuheulen, vielfach, so unsere Interpretation, ohne das Gehirn einzuschalten:
Wir bauen eine Hafen, nehmen den Bürgern den einzigen Sandstrand, den Eicki nie anfassen wollte und versprechen uns das Blaue vom Himmel - Hauptsache Arbeitsplätze, die zwar in Gänze niemals kommen werden, aber es hätte ja sein können.

So oder so ähnlich strickt man sich kommunale Höhenflüge zusammen, die dann, theatralisch inszeniert, wegen ultraambitionierter Wirklichkeitsverdrängung wie Seifenblasen zerplatzen.

Dann verkriecht man sich kurz hinter:
"Wir können doch nur Rahmenbedingungen" und schon hat man sich wegen der Besonderheit nicht zur Rechenschaft gezogen werden zu können nichts mehr vorzuwerfen, geht über Los und kassiert als große Partei trotz politischer Negativbilanz prima Aufsichtsratstantiemen.

Einen hat diese Arroganz in Richtung Fussvolk geradezu zermürbt: Tim Sommer. Er schliesst seinen kritischen Blog. Einer, dessen vielgelesene Randbemerkungen auch bewusstseinsöffnend wirkten, wird sich nun mehr in den unkommentierten Beobachtungsstatus zurückziehen, so, wie es vermeindliche Lokalpatrioten jedem raten, der sich auch nur versucht in den politischen Sumpf einzumischen, den man in Wilhelmshaven salonfähig gemacht hat.

Nicht zuletzt der scheidende Oberbürgermeister Eberhard Menzel schaffte es in die Liga derjenigen, die ihren Kritikern rät wegzuziehen, wenn es ihnen in Wilhelmshaven nicht gefällt.

Was wir beschreiben, ist Wilhelmshavens jahrzehntelange Kreisbewegung, eine Inszenierung von künstlicher Wahrheit und gesteuerter Desinformation.

Schon heute, einen Tag nach der Kommunalwahl, konnten wir vom Parteienempfehlungsredakteur des lokalen Heimatblattes vernehmen, dass das städtische Printpolitorgan seine wirtschaftlichen Ziele am besten mit einer großen Koalition durchsetzen kann - nur, wo bleiben die Bürger und Abonenten?

Und damit sind wir schon bei der spannendsden Frage überhaupt, der zukünftigen Mitbestimmung durch den Souverän. Wie das geht, das weiss hier keiner und die Vergangenheit lässt auf wenig Gutes hoffen, denn wenn das Wort Arbeitsplätze und wie schaffen auf Wirklichkeit trifft, kommt altes Gedankengut zum Tragen und der beschriebene Kreislauf beginnt von vorn.

13 Prozent Arbeitslosigkeit nennt Wilhelmshaven sein eigen und die Bürger bringen es nicht fertig, die Verantwortlichen auszusortieren.

Die Geschichte Wilhelmshavens steuert nun erneut auf eine Krise zu, die auch der für wirtschaftskompetent gehaltene neue Oberbürgermeister nur verbal bewältigen kann, der jetzt erstmal in die Bücher schauen wird und dann begreifen muss, diese Defizite mit einem Ratspersonal bewältigen zu müssen, mit dem auch schon der scheidende Oberbürgermeister so seine liebe Mühe hatte, wobei man hinzufügen muss, das dieser schon persönlichkeitsbedingt bis heute eher entzweiend wirkt.

Die Verwaltung kann inzwischen ein Lied davon singen und auch der unterlegene Oberbürgermeisterkandidat Thomas Städtler wurde nicht verschont, als ihm Ebi, wie Wilhelmshavens scheidender OB genannt wird, noch "hinterherwarf", für das Amt eines Oberbürgermeisters gar nicht qualifiziert gewesen zu sein.

Wie sich Wilhelmshaven wirklich anfühlt, können Sie in unserem Film "Meine Tanke" selbst ein wenig nachvollziehen.

Wir werden den kommunalpolitischen Alptraum zukünftig weiter kritisch begleiten und fragen uns, warum diesmal 50 Prozent nicht zur Wahl gegangen sind, wenn doch alles so schön ist ... wird ... werden soll.

Der politische Klimawandel ist wieder einmal ausgeblieben und somit gilt für alle, die sich weiterhin im Hintergrund beschweren:
Zitat [Moli?re (Jean-Baptiste Poquelin)]: „Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun“.


Wolf-Dietrich Hufenbach
Dokumentarfilmer | Wilhelmshaven

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