... so schied das alte Jahr dahin und das neue erwacht gerade auf dem Fundament angeblich neuer, in Wirklichkeit aber ausgeleierter und abgenutzter Prognosen, so, als hätte sich aber auch gar nichts verändert.
Wir haben die Zeit genutzt einmal richtig durchzuatmen, weil wir überzeugt davon sind, dass in "Boomtown" an der Jade jeder Versuch unternommen wird, die alte Hierarchie möglichst bis über die kommende Kommunal- und Oberbürgermeisterwahl aufrechtzuerhaltenzu retten.
Inzwischen ist erkannt, und längst nicht nur von den sogenannten Verschörungstheoretikern, dass die Demokratie in ihren Grundfesten gefährdet scheint. Nicht nur ein Buch von Al Gore behandelt dieses Thema, sondern auch Finanzwissenschaftler, wie z. B. Max Otte. In seinem Buch: " Der Informations Crash" beschreibt er, wie wir systematisch für dumm verkauft werden sollen - besser lässt es sich kaum beschreiben.
Das Wilhelmshavener Selbstverständnis ist längst ein weltweites Phänomen und die Globalisierung, gepaart mit dem Neoliberalismus eine gewaltige Waffe gegen die Interessen der Politik, die sich, eingenebelt durch den vielfachen Anreiz lukrativer Pöstchen nach der politischen Karriere [siehe am Wilhelmshavener Beispiel: Wilfrid Adam] gerne die Macht der Gesetzestextschreibung aus der Hand nehmen lässt und sich jahrelang mit Duldung der Partei [SPD] den Übergang ins Rentendasein mit Steuermitteln versüssen lassen.
Guttenberg hat es uns vorgemacht und das Gros der heimischen Politprominenz zückt auch zu allen sensiblen Angelegenheiten das nötige Fremdgutachten, um beim Volk Zustimmung abzurufen - selbst nachdenken und entscheiden rücken so in weite Ferne, ganz zu schweigen von eventueller Verantwortung.
Auch Wilhelmshaven beweist mit dem scheidenden Oberbürgermeister Eberhard Menzel, wie sehr man sich dem Prinzip des neoliberalen Denkens verbunden fühlt, obwohl man gar nicht zu der Absteigerpartei 2010 [FDP] gehört, die Privatisierung und selbsbereinigende Mechanismen einer sozialen Marktwirtschaft propagiert, bis "der Arzt kommt" und lädt zum alljährlichen Neujahrskonvent am 9. Januar 2011 nicht etwa einen kritischen Bürger auf das Podest, sondern einen Lobbyisten aus der Energiebranche, der uns dann in seiner Rede sicherlich erklären wird, warum gerade 2011 die Strompreise wieder um 7 Prozent steigen sollen und in der Hinterhand mindestens 15 Jahre eine milliardenschwere Dreckschleuder abschreibt.
Überhaupt werden die BürgerInnen 2011 um jede Menge sauer verdientes Einkommen geprellt, sei es mit den Energiepreisen, der Erhöhung der Krankenkassenbeiträge oder dem Ölpreis, da helfen auch keine virtuellen Steuererleichterungsversprechen.
Der Staat macht "nur" 45 Milliarden Euro Neuschulden, eine Summe, die noch vor nicht allzu langer Zeit als dramatisch galt. Die Kommunen stehen vor der Pleite und unser lokales Heimatblatt berichtet:
Zitat: "Neue Studie: Wilhelmshaven ist krisenfest
Wer schon in die Knie gegangen ist, der kann nicht mehr ganz so tief fallen. ... "
Boah ist das lustig, da werden die RaffineriemitarbeiterInnen aber Luftsprünge auf dem Neujahrskonvent machen oder die ehemaligen Beutz MitarbeiterInnen, oder die vom größten Autohaus am Ort, quasi all die, die seltsamerweise keinen Job mehr haben oder darum fürchten müssen.
Das Gutachten verkehrt die Realität wieder einmal ins Gegenteil und lässt auch "kein gutes Haar" an den umliegenden "Boomtown-Gemeinden", die längst begriffen haben, dass es sich lohnt, nachhaltig zu konzipieren und zu wirtschaften:
Zitat: " ... Die benachbarten Landkreise Friesland und Wittmund werden als „eher krisenanfällig“ eingestuft. ... "
Gut, die haben keinen im Bau befindlichen Containerhafen und auch keine Kohlekraftwerke, die sich prima abschreiben lassen aber Windenergieunternehmen wie z. B. Aurich, ziemlich in der Nähe von Wittmund. Als krisensicher muß man 96 Millionen Euro Gewerbesteuer 2010 wohl ansehen [2009 schon ca. 70 Millionen Euro ... alles ohne Containerhafen ... ] und so gilt für Wilhelmshaven mehr denn je:
Zitat: " ... Die Forscher gehen dabei im Jahr eins nach der Wirtschafts- und Finanzkrise davon aus, dass die nächste Krise auf jeden Fall kommt. ... "
... und wenn wir uns noch einmal erinnern, ist die Hafenwirtschaft der eher krisenanfälligere Wirtschaftszweig auf den die kreisfreie Kommune Wilhelmshaven trotz warnender Vorzeichen alle Hoffnungen setzt:
Zitat: " ... Dabei sorge keineswegs „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ für Sicherheit für die Zukunft. Die Krise dürfte jene Regionen härter treffen, die besonders auf Energie- oder Lebensmittelimporte angewiesen sind. Ein hoher Anteil an Industriebeschäftigten wird in der Studie negativ bewertet, da der Industriesektor meist im Fokus globaler Wirtschaftskrisen steht. ... "
... und für das kommunale Gebetbuch:
Zitat: " ... „Den Kreisen und Städten kann nur empfohlen werden, sich mit möglichen Krisenszenarien wesentlich intensiver zu befassen als bisher.“ ... "
Wilhelmshaven liegt, was die Krisenbewältigung betrifft, weit abgeschlagen irgendwo auf den letzten Plätzen, aber, das Fussvolk soll die Hoffnung nicht aufgeben.
Wie absurd das Ganze klingt, können Sie sich mit dem folgenden Parolenvergleich aus dem Endstadium des Jahres 2010 noch einmal kurz vor Augen führen:
Zitat: " Auftakt für das Jahrzehnt der Taten
- Minister: Bald Job- Boom im Nordwesten
- Von guten Zahlen überrascht
- Stadtbusse beförderten mehr Fahrgäste
- JadeWeserPort nimmt Konturen an
- JadeBay-Region bietet alle Chancen für gutes Gedeihen
- Neues Logistikzentrum am JadeWeserPort
- Weservertiefung rückt näher
- Küstenautobahn dringend nötig ... "
Alles Überschriften aus dem lokalen Desinformationsblatt [Dezember 2010], leicht entkräftet durch den Link zur Pressemitteilung der Küstenautobahngegner [letzte Überschrift].
Aber es fanden sich auch mahnende Schlagzeilen zur Erhaltung der Objektivität, wie man meinen könnte:
Zitat: " ... Sparkasse warnt vor Kostenwelle
- Kommunen vor Kollaps
- Regierung am Gängelband des Kapitals
- JadeWeserPort: Lager für Gefahrgut
- Milliarden-Abzocke beim Strom
- OB: 2010 war ein Jahr der schlechten Nachrichten ...
... ups ... "
[Quelle: Lokales Heimatblatt | ... alles Dezember 2010]
Die politische Konsequenz wird bis zur Wahl im September 2011 wahrscheinlich die sein, im Nichtstun, wie schon beschrieben, zu verharren - man braucht es, so glauben wir, nicht einmal heraufzubeschwören.
Das sich aber schon etwas verändert hat zeigt diese Anfrage an das Bürgerportal Wilhelmshaven im Dezember 2010:
Zitat: "Guten Abend, ich überlege, für Sommer 2011 eine Ferienwohnung am Südstrand in WHV zu mieten. Jetzt habe ich irgendetwas von einer Fäkalieneinleitung in den Jadebusen gehört. Ist das Baden dort also nicht zu empfehlen? ... "
Unsere Empfehlung konnte natürlich nur lauten, die Wahrheit zurückzumailen und die Empfehlung auszusprechen, ins Umland auszuweichen, d. h. den gesamten Jadebusen zu meiden.
Die Antwort lautete dann:
Zitat: " ... erstmal schönen Dank für die schnelle Antwort! Wirklich traurig, was da alles an Grausamkeiten in das "Weltnaturerbe Wattenmeer" eingeleitet wird.
Danke nochmal für ihre Information, sie hat uns vor einer GROSSEN Fehlentscheidung bewahrt!
Wir kommen im Sommer nach Ostfriesland, allerdings nicht an den Südstrand.? ... "
Sie sehen also, dass man sich im Bürgerportal Wilhelmshaven längst richtig über die "
Schokoladenseite Wilhelmshavens" informiert und informieren kann, so wie es im Journalismus eigentlich üblich ist: Eine Quelle ist keine Quelle!"
Zusätzlich dürfte dies eigentlich eine Mahnung an die politischen Gremien sein, die sich damit rühmen wirklich alles getan zu haben, damit keine Fäkalien, und seien sie auch noch so verdünnt, an den einzig verbliebenen Badestrands Wilhelmshavens [Südstrand] verklappt werden. Wir sind uns aber schon jetzt sicher, es werden wieder nur die "üblichen Verdächtigen" auftreten, um dem "Oberschlichter" in Sachen Fäkalieneinleitungen, Dr. Jens Graul, öffentlich zu widersprechen.
Ernüchterung auch im Bereich "
WZblog", der Rubrik zur kritischen Begleitung des multimedialen lokalen Heimatblattes.
Hier ein Glanzstück journalistischen Könnens am Beispiel "Nordsebad Hooksiel". Der Bürgermeister Wangerlands wollte doch glatt die Landesregierung verklagen, weil er seine Tourismuswirtschaft durch die massive Industriepolitik Wilhelmshavens gefährdet sieht:
Zitat: "Spatz in der Hand ...
... Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach – mag die Gemeinde Wangerland bei dem Vertrag „in Sachen Hooksiel“ gedacht haben. Statt des Prädikats Nordseebad erhält der Ort schon 2012 eine Hafen-Mole. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass Hannover den besseren „Deal“ gemacht hat und das Wangerland nur ein mageres Vögelchen in Händen hält. ... "
[Quelle: Lokales Heimatblatt | 24. Dezember 2010]
Das Klang nach echter Kritik am Establishment und neuer hoffnungsvoller journalistischer Leitfaden für das Jahr 2011, wurde aber am 29. 12. 2010 sofort wieder revidiert:
Zitat: " Respekt ...
... Entgegen ersten Einschätzungen ist Wirtschaftsminister Bode und Wangerland Bürgermeister Hinrichs mit dem Vertrag über Hooksiel das gelungen, was man einen „tragfähigen Kompromiss“ nennt. Respekt. Der Minister hat endlich ein leidiges Thema gelöst, das bereits unzählige Stunden zäher Verhandlungen gekostet hat. Und – für das Land noch wichtiger: Bode hat eine eventuelle Gefährdung einer industriellen Entwicklung auf dem Voslapper Groden unterbunden. ... "
[Quelle: Lokales Heimatblatt | 29. Dezember 2010]
Respekt Herr Grabhorn, wirtschaftliches Ziel erkannt, Wilhelmshaven kann sich kein Nordseebad in Hooksiel leisten und diktiert die Konditionen für das Überleben der "Randgemeinden", um sich noch mehr Industrie genehmigen zu können, die paar Kohlekraftwerke ... danke - besser kann man sich selbst nicht widersprechen und zeigen, wie sehr man am Tropf der wirtschaftlichen und redaktionellen Gleichschaltung hängt und was einem die eigene Meinung wirklich noch wert ist!
Während Friesland versucht, sich mit einem starken Engagement in Sachen Tourismus und Erneuerbare Energien ein ökologisches und nachhaltiges Standbein zu schaffen, bremst das "Oberzentrum Wilhelmshaven" jede anders geartete Perspektive fein säuberlich aus.
Wilhelmshaven setzt weiter auf Dekadenz und benennt inzwischen jede beliebige Einrichtung um - irgendwo passt bestimmt noch die Silbe "Jade" hinein:
- JadeWeserPort-Restaurant
- JadeWeserPark
- JadeBay
- JadeWeserPort [ ... umbenannt in Container Terminal Wilhelmshaven [CTW]]
...
Wer in Zukunft nicht mit der Namensergänzung glänzen kann, der ist schlichtweg nicht dabei, beim opulenten Frühstückchen, im erlauchten Kreise des Club zu Wilhelmshaven oder den "wichtigen Treffen" der Hafenwirtschaftsvereinigung.
Und während CDU und SPD derweil wieder damit beschäftigt sind im Sinne der BürgerInnen kritische und wichtige politische Themen in den "Ring zu werfen":
"CDU lädt zum Besenwerfen"
und
"SPD spielt Skat und kniffelt" ...
... sind Atomtransporte über Wilhelmshaven nun doch trotz gegenteiligem Ratsbeschluss möglich und die folgende Randnotiz bestätigt die Desinformation im Rahmen geplanter "Leuchtturmprojekte":
Zitat: " ... Die Firma Eurogate Container-Terminal Wilhelmshaven GmbH & Co. KG hat beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg einen Antrag auf Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gestellt. Beabsichtigt ist die dezentrale Lagerung von Gefahrgut auf dem Gelände des Containerterminals Wilhelmshaven (JadeWeserPort). Die Antragsunterlagen zu dem Vorhaben sollen in der Zeit vom 4. Januar 2011 bis einschließlich 3. Februar 2011 außer bei der Genehmigungsbehörde in Oldenburg auch bei der Stadt Wilhelmshaven für die Öffentlichkeit zur Einsichtnahme ausgelegt werden. ... "
[Quelle: Lokales Heimatblatt | 24-12-2010]
Dieser kleine Exkurs belegt, das man gar nicht wissen kann, was auf einem Containerterminal wirklich so nebeneinander steht. Darunter fallen neben beschriebenem atomaren Abfall übrigens auch Waffen, die über Containerhäfen verschickt werden und sie dürfen nun als mündige BürgerInnen bis zum 17. Februar 2011 Einspruch erheben, wenn sie denn am Prozeß einer demokratischen Entscheidung teilhaben möchten, so wie bei "Stuttgart 21", innerlich vor die Wahl des politischen Selbsverständnisses gestellt:
"Wollen sie Arbeitsplätze oder Hartz IV?"
Die Einschüchterungsinstrumente von Politik und Wirtschaft werden auch nicht weniger und so versucht man ungeliebten Portalen, wie z. B. "Wikileaks" das "Taschengeld" wegzunehmen, damit die echten Agitatoren ungestört so weitermachen können wie bisher?
Warum entzieht die amerikanische Regierung denn nicht BP das Vermögen sondern verklagt das Unternehmen höchst wahrscheinlich aussichtslos?
Warum verklagt man nicht Al Gore und stellt ihn als Hassprediger gegen die Demokratie öffentlich an den Pranger - na ganz einfach: er trägt keinen Bart ... o. k. das war jetzt zynisch, kommt aber ziemlich nah an die PR-Wirklichkeit:
Zitat: " ... "Buiseness became the dominant force in society" ["Unternehmen wurden die dominierende Kraft in der Gesellschaft"], fasst Norena Hertz die Lage zusammen. ...
... Die Professorin der Erasmus University in Rotterdam ist seit der Jahrhundertwende eine leidenschaftliche Kämpferin gegen die vielfältigen Exzesse, die uns der Kapitalismus beschert. Sie spricht davon, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen Politik und Wirtschaft in den letzten zwanzig Jahren radikal zugunsten der Unternehmen verschoben habe. ... "
[Quelle: Max Otte | Der Informationscrash | Dezember 2010]
So werden wir in diesem Jahr weiterhin erleben, wie man das teilprivatisierte Reinhard-Nieter-Krankenhaus aufhübscht und nicht verkaufen will, Sportplätze politisch betrachtet wichtige soziale Aufgaben erfüllen, wie PolitikerInnen zum Sparen mahnen und Kanzlerinenbesuche mit 100.000 Euro quasi aus der Portokasse der Wirtschaftsförderung "en passant" genehmigt, wie Fäkalien weiterhin in den Jadebusen strömen, wie man das Blaualgenproblem im Banter See virtuell löst, wie man mit "ohne kein Geld" zukünftige Probleme auf Kreditbasis löst, über die Wilhelmshavener Holding mitzockt im globalen Finanzkarussell, dass man Löchern an Bahnübergängen mehr Aufmerksamkeit beimisst, als denen, in den eigenen Straßen, wie ein im Bau befindlicher Containerhafen das "rausreissen" soll, was man in den Jahrzehnten davor auch nicht geschafft hat, usw. usw. ... und wie man uns wieder und wieder indirekt auffordern wird, dazu zu schweigen!
Im Zeitalter von Überinformation und gezielter Desinformation ist persönliches Engagement nötiger denn je.
Wir wünschen Ihnen und uns ein investigatives Jahr 2011, mischen Sie sich auch weiterhin ein!