Zwanzig Jahre nach Inkrafttreten des EEG am 1. April 2000 ist ein grundlegender Wandel der Energieversorgung überfällig. Um die Folgen des Klimawandels einzudämmen, der auch während der Corona-Krise unaufhaltsam fortschreitet, muss der Ausstieg aus der gefährlichen Atomkraft und den fossilen Energieträgern – allen voran der dreckigen Kohleenergie – erfolgen. Dazu braucht es eine schnellstmögliche Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: "Die geplanten milliardenschweren Konjunkturprogramme müssen die resiliente und nachhaltige Ausrichtung der Wirtschaft im Blick haben. Dazu gehört insbesondere eine naturverträgliche Energieversorgung. Ein dezentraler Ausbau erneuerbarer Energien erzeugt regionale Wertschöpfung. Das ist gut für die lokale Wirtschaft wie Handwerksbetriebe, Projektierer aber auch für Kommunen. Dazu sind nicht einmal Konjunkturpakete erforderlich, sondern ein paar einfache Gesetzesänderungen wie die Abschaffung des Solardeckels sowie die Hemmnisse für die Bürgerenergie etwa durch die Abschaffung von Abgaben und Umlagen bei Strom für Mieterinnen und Mieter. Wer den Ausbau der Erneuerbaren nicht ernst nimmt, steuert sehenden Auges noch tiefer in die nächste Krise hinein – die Klimakrise. Dies gilt es mit allen Anstrengung zu verhindern."
Das EEG war bisher die weitaus erfolgreichste Maßnahme in Deutschland, um diesen Wandel voranzubringen und den Klimaschutzzielen näherzukommen. Kein Gesetz zuvor hatte solch positive ökologische und ökonomische Effekte. 20 Jahre nach Einführung des EEG hat sich die Gesamtleistung der Erneuerbaren vervierfacht und erreichte im Stromsektor einen bedeutenden Anteil von 42,1 Prozent. Weltweit wurden in 113 Staaten und Regionen Einspeise- und Vergütungsregelungen nach EEG-Prinzip erarbeitet.
Dem entspricht die Stimmung in der Bevölkerung, wie jüngste Umfragen zeigen: Eine große Mehrheit in Deutschland [rund 90 Prozent] befürwortet die Energiewende [2. Soziales Nachhaltigkeitsbarometer Energiewende des IASS et al.]. Als ungerecht empfinden mehr als 65 Prozent der Befragten, dass die sogenannten kleinen Leute die Kosten der Energiewende schultern müssen, während Unternehmen und Wohlhabendere davon profitieren.
Das EEG muss wieder so gestaltet werden, dass Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende partizipieren und die Kosten für die Energiewende gerechter verteilt werden. So sollten beispielsweise Ausnahmen für die Industrie auf ein sachlich begründbares Maß reduziert werden.
Doch trotz der unbestrittenen Erfolge des EEG in der Vergangenheit sind die Erneuerbaren derzeit in einer Schieflage, die sich in sinkenden Ausbauzahlen zeigt. Besonders dramatisch ist die Lage der Windenergie. Sogar ein Nettorückgang der installierten Leistung droht, weil Altanlagen aus der EEG-Förderung fallen. Dennoch werden Hemmnisse nicht abgebaut. Trotz heftigen Widerstands des Koalitionspartners SPD, hält die Union an der absurden Windabstandsregel fest.
Gleichzeitig hemmt der Solardeckel den Photovoltaik-Ausbau. Zwar hat die Regierung im September die Abschaffung beschlossen, passiert ist seither aber nichts. Angesichts dieser Verschleppung wichtiger Entscheidungen für eine nachhaltige Wirtschaftsbranche und den Klimaschutz sind Äußerungen wie die des Parlamentarischen Staatsekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß, der Diskussionen um Abstandsregelungen in der Windkraft und den Solardeckel während der Corona-Krise als unwichtig abtut, Ausdruck einer Politik der Kurzsichtigkeit. Wer Corona gegen Klima auszuspielen versucht, handelt grob fahrlässig.
Bandt: "Politisch weitsichtig wäre es, das Potenzial des EEG auch als ein Instrument der Krisenprävention zu sehen. Denn ein dezentraler Ausbau der Erneuerbaren in Hand von Bürgerinnen und Bürger hat das Zeug zum Konjunkturmotor: durch Schaffung und Erhalt zukunftsfähiger Arbeitsplätze, regionale Wertschöpfung und positive ökonomische Effekte. Daher muss die Devise lauten: Hemmnisse abbauen, Ausbauziele erhöhen und an die Klimaschutzziele anpassen."
Hintergrund:
Seit dem Jahr 2000 ist mit dem EEG der gesetzliche Rahmen für den Ausbau der Erneuerbaren und ihrer Integration in den Strommarkt gesetzt wurden. Das EEG folgte auf das Stromeinspeisegesetz von 1991. Die Grundprinzipien des EEG: Betreiberinnen und Betreiber einer Erneuerbaren-Energien-Anlage wird eine Investitionssicherheit geboten, in dem sie eine garantierte Einspeisevergütung erhalten und die Anschlusspflicht gewährleistet wird. Jede erneuerbar erzeugte Kilowattstunde Strom wurde somit von den Netzbetreibern abgenommen, vergütet und weiter verteilt. Anlagenbetreiber erhielten in der Regel 20 Jahre lang eine garantierte Vergütung für ihren Strom. Dadurch wurden neuen Akteuren, allen voran Bürgerinnen und Bürgern, der Zugang zum Strommarkt eröffnet, die Erfolgsgeschichte der "Energiewende von unten" begann.
Seither wurde das EEG stetig novelliert – leider nicht immer zum Guten. 2017 wurden der Umstieg von garantierter Förderung auf Ausschreibungen vollzogen und die Mengen gedeckelt. Große Akteure werden dadurch bevorzugt, kleine an den Rand gedrängt. Die vorgesehenen Ausnahmen für Bürgerinnen- und Bürgerprojekte reichen nicht aus. Zudem nimmt die Komplexität des EEG zu und erschwert die Umsetzung: Von anfangs vier ist es auf 104 Paragrafen angewachsen.