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Maik Michalskis Untertanengeist
19|05|2015



Wir bleiben dabei. Das Lokale Heimatblatt braucht im "Ist-Zustand" niemand.

In einem eigenen Kommentar in der WZ v. 16. Mai 2015 auf S.3 nimmt Lokalredakteur Maik Michalski persönlich Stellung zu den Vorgängen innerhalb der Partei Bündnis 90/Die Grünen und dem Austritt von sechs Rats-Fraktionsmitgliedern aus der Partei letzte Woche.

Auf der gleichen Seite und bereits auf S.1 berichtet die WZ in großen Artikeln über den Parteiaustritt der sechs Ratsmitglieder. Die Partei der Grünen selbst bekommt an diesem Tag, Samstag, noch keine Gelegenheit, ihre Version der Vorgänge zu schildern. Ohne sich bei den Grünen zu informieren, bezieht Herr Michalski bereits am Samstag einseitig und voreilig Stellung zu den Vorgäng en zu Gunsten der ausgetretenen Ratsmitglieder und zu Lasten des Grünen Kreisverbands.

Herr Michalski geht sogar noch weiter: Er unterstellt dem Kreisverband, ohne sie vorher angehört zu haben, daß sie sich damit einen "Phyrrussieg teuer erkauft" hätten.

Unter Pyrrhussieg versteht man einen voreiligen, im Ergebnis vergeblichen Sieg. Der griechische König Pyrrhos hatte einst in einer Einzelschlacht [bei Asculum] gegen die Römer im Jahre 279 v. Chr. die Schlacht selbst zwar gewonnen, dabei aber so viel Verluste an Soldaten erlitten, daß weitere Siege unwahrscheinlich erschienen.

Laut Herrn Michalski "kämpft" hier also der Kreisverband gegen seine eigenen Delegierten im Stadtrat. Wie jetzt die Pressemitteilung der Grünen am folgenden Montag, 18. Mai, zeigt, gab es in der Mitgliederversammlung letzte Woche überhaupt keine "Schlacht". Zwei Anträge wurden von Mitgliedern des Kreisverbandes gestellt: dem Ratsmitglied Michael von den Berg sollte vom Kreisverband das Vertrauen ausgesprochen werden und dem früheren Ratsmitglied Werner Biehl per Beschluß der Parteiaustritt nahegelegt werden. Dieser zweite Antrag wurde jedoch wieder zurückgezogen. Also blieb nur der eine Vertrauensantrag. Dieser innerhalb eines Kreisverbands völlig normale und satzungsmäßige Vorgang habe nun die sechs Fraktionsmitglieder, die mit Foto in der WZ am Samstag groß vorgestellt wurden, zu ihrem eigenen Schritt des Parteiaustritts veranlaßt [zu dem sie niemand im Kreisverband aufgefordert hatte!].

Warum spielt sich Maik Michalski vor der Möglichkeit einer eigenen Stellungnahme des Kreisverbands auf so einseitige und krasse Weise als Anwalt der ausgetretenen sechs Fraktionsmitglieder auf?

Herr Michalski möchte, bevor sich die Wilhelmshavener Wähler über die einzige Zeitung der Stadt eine eigene Meinung über die Vorgänge bei den Grünen bilden können, deren Meinungsbildung schon einmal vorprägen, kraft seiner Autorität als Lokalredakteur eines angeblich politisch neutralen Blattes.

Aber warum? Ist Herr Michalski ein Grüner? Oder ein "freier Grüner"? Oder Schiedsrichter über Vorgänge im Rat?

Dass Herr Michalski sich gerne als Richter aufspielt, hat er bereits im letzten Jahr gezeigt, als er Demonstranten vor einer Ratssitzung, wo es um Belange der Freizeitgärtner am Banter See ging, mal eben ihr "Demonstrationsrecht nach dem Grundgesetz" absprach, weil diese es "verwirkt" hätten.

Aber ein Grüner ist Herr Michalski bestimmt nicht. Weshalb mischt er sich also in parteiinterne Angelegenheiten ein, die ihn eigentlich gar nichts angehen?

Herr Michalski setzt sich vehement für die ausgetretenen Ex-Grünen ein, weil diese in ihrer bisherigen Ratsarbeit den Oberbürgermeister unterstützt haben, obwohl sie eigentlich Oppositionspartei sind, und obwohl der Oberbürgermeister nun wirklich keine grüne Politik macht. Die Ex-Grünen hätten den Oberbürgermeister aber deshalb unterstützt, weil sie "das Wohl der Stadt zum Mittelpunkt ihres Handelns gemacht hätten, und nicht sich selbst" [Michalski, WZ S. 3].

Das Wort Oberbürgermeister nennt Herr Michalski selbst nicht, aber er setzt diesen mit dem "Wohl der Stadt" gleich. Ungeprüft. Ob sich die Entscheidungen des Oberbürgermeisters, die von den ihm treu ergebenen Fraktionen der CDU und SPD stets durchgewunken wurden, sich als "Wohl der Stadt" erweisen werden, wird sich noch herausstellen – in der Zukunft. Die nächste Kommunalwahl wird dabei eine Art Prüfstein werden.

Herr Michalski setzt den Oberbürgermeister mit "Wohl der Stadt" gleich und lobt alle, die ihm dabei folgen oder gleich sind.

Wenn sich aber kritische Stimmen, z. B. im Rat der Stadt, äußern, schreibt Herr Michalski diesen – kraft WZ – folgendes ins Stammbuch:


"Ihren Kritikern sei gesagt: Wer nur kritisiert und blockiert, ohne eine Alternative aufzuzeigen, verhält sich destruktiv."

Sigrid Steiner Linsen als damalige Noch-Grüne [jetzt ausgetreten] verlautbarte vor kurzem auf dem Bürgerportal sehr ähnlich klingende Worte:

"Das Kommunalparlament ist dazu da, Probleme zu lösen, in unserem Fall Wilhelmshaven weiter zu entwickeln, und nicht dazu, überspitzte polemische Parteipolitik zu betreiben, wenn gewollt, wäre das die Aufgabe des Kreisverbandes."

"Viele Anträge im Rat werden von der Verwaltung ausgearbeitet und sind oft einfach sinnvoll. Würde ich hier STETS krakelend und mir selbst widersprechend dagegen stimmen, nur, um Opposition zu demonstrieren, würde niemand in den Ausschüssen mich mehr ernst nehmen oder mir zuhören. Nur, wenn mir mit Respekt zugehört wird, kann ich in der Opposition hoffen, dass meine Argumente sich sozusagen "eintriggern", das geschieht natürlich oft mit Zeitverzögerung."

Sie spricht aus, worum es auch Herrn Michalski als dem Oberbürgermeister stets treuen Diener geht: Der Rat soll gefälligst das umsetzen, was der Oberbürgermeister sich ausgedacht hat. Schließlich ist er der Boss.

So etwas nannte man früher Monarchie. Eine Monarchie funktioniert nur mit "Untertanengeist". Heinrich Mann hat dazu ein berühmtes Werk verfaßt, welches er einen Monat vor Ausbruch des ersten Weltkriegs fertiggestellt hatte: "Der Untertan". Hauptfigur ist Diederich Heßling als Beispiel für einen bestimmten Typ Mensch in der Gesellschaft des deutschen Kaiserreichs. Heßling ist obrigkeitshörig, feige und ohne Zivilcourage. Er ist ein Mitläufer und Konformist. Das Drama endet mit der Einweihung eines kaiserlichen Denkmals.

Wie bitte? Hat Heinrich Mann die politischen Vorgänge in Wilhelmshaven 2015 vorausgeahnt?

Das Buch wurde brilliant verfilmt und dient im Schulunterricht als Standardmedium, um den Schülern den einst [?] deutschen Obrigkeitsstaat zu veranschaulichen, der schließlich in zwei grausamen und verlustreichen Weltkriegen mündete.

Herr Michalski muß bei der Vorführung des Films in seiner eigenen Schulzeit wohl gerade gefehlt haben. Sonst müßte er bei der Portraitierung des Diederich Heßlings heute geradezu erschrecken.

Nur so ist für mich erklärbar, in welche logische Verwirrtheit Herr Michalski am Schluß seines Kommentars kommt, indem er schreibt: "Und wer der Fraktion vorhält, sich vermeintlich den großen Parteien anbiedern zu wollen, der verkennt, dass es genau solches Tun ist, das dazu führt, dass Wähler denken könnten: Wenn die Grünen sich nicht mehr grün sind, wähle ich eine andere Farbe."

Hier vertauscht Michalski nun endgültig Äppel mit Birnen:
Dass die ausgetretenen sechs Ex-Grünen Fraktionsmitglieder sich der Groko "angebiedert" haben, ist den Worten dieser und auch deren Abstimmungsverhalten im Rat zu entnehmen und ist damit Fakt und nicht Unterstellung seitens des Kreisverbandes [siehe oben die Worte von Frau Sigrid Linsen Steiner].

Dass ein solches Abnicken der Projekte des Gegners sich auf Verwunderung bei grünen Wähler auswirken kann, ist auch nicht völlig abwegig. Wenn die jetzt nicht mehr grünen Fraktionsmitglieder bereits während ihrer Arbeit im Rat nicht mehr grün waren, dann heißt das noch lange nicht, daß der Kreisverband der Grünen und das verbliebene grüne Ratsmitglied von den Berg nicht aber doch noch grün sein könnten. 


Da wirft Herr Michalski alle Protagonisten in einen Topf, um die Grünen insgesamt abzuwerten und lächerlich zu machen. Kühle und objektive Betrachtung aus der Distanz Fehlanzeige. Es geht schließlich um Politik!

Brav, Herr Michalski!

Heidi Berg


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