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Die EU auf der Flucht 09|09|2015
Was unterscheidet Europa eigentlich von der wirtschaftsimperialistischen Politik eines weltbeherrschenden Neoliberalismus – der schöne Schein des kürzlich erworbenen Friedensnobelpreises?
Die geschminkte Leiche zappelt noch
Jeden Tag, an dem in Griechenland ein unsinniges Programm zur Sanierung der Gläubiger und zur Knechtung der Griechen abgewickelt wird, ist das Scheitern der Europäischen Union sichtbarer. Und an jedem Tag, an dem Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sich auf den Weg in die EU machen, wird dieses Scheitern bekräftigt. In Griechenland stirbt die ohnehin kranke Idee, mit immer mehr sozialen Kürzungen ein Land wirtschaftlich gesunden zu lassen. Und an den Grenzen westeuropäischer Länder stirbt die Schimäre von einer europäischen Einheit über die gemeinsame Anbetung des Marktes hinaus. Der Tod der EU ist lange schon eingeläutet. Doch wird der sieche, zappelnde Körper immer gut geschminkt.
Schon als die USA in Afghanistan 2001 unter der falschen Flagge der Terrorbekämpfung ihren Feldzug begannen, schlossen sich die Länder der Europäischen Union und ihre Satelliten mehrheitlich einem "friedenserzwingenden" Gefecht an, das bis heute nur den weiteren Krieg erzwingt. Dass die EU damals, eindeutig wie selten zuvor, ihre selbstständige Außenpolitik zu Grabe trug, fiel nicht weiter auf. Als im Jahr 2003 die USA von grausiger, imperialer Gier getrieben, den Irak mit Krieg überzogen, waren erneut Staaten wie Lettland, Estland, Litauen, Polen, Tschechien und Ungarn dabei. Mit der Zerstörung des Iraks schossen sich die osteuropäischen Kombattanten ihre Freikarte zum wenig später erfolgten Eintritt in die EU. Dass es ausgerechnet die Regierungen dieser Länder sind, die heute ihre Grenzen vor den Flüchtlingen schließen, ist kein Zufall. Wer eine Reisefreiheit anhimmelt, die sich in diesen Ländern nur reiche Leute und Arbeitsemigranten leisten können, der nimmt sich gern die Freiheit die lästigen Reisenden aus der Kriegs-Not zurückzuweisen.
Der britische Premierminister David Cameron hat jetzt die Aufnahme von "mehreren tausend" syrischen Flüchtlingen in Großbritannien angekündigt. Man will sie geradezu persönlich aus UN-Camps an der syrischen Grenze abholen und nach England bringen. Gälte das Verursacherprinzip, dann müsste Großbritannien fast so viele irakische und afghanische Flüchtlinge aufnehmen wie die USA. Denn in den Kriegen Nordamerikas stellten die Briten immer brav das zweitgrösste Truppenkontingent – nach der US-Armee versteht sich. Aber da die USA gar keine Flüchtlinge aus den von ihr verursachten Kriegen aufnehmen, müssen die Engländer anscheinend auch weniger als vergleichbare europäische Nationen übernehmen. Bisher waren es ganze 216 Vertriebene aus dem syrischen Krieg.
Bis 2019, sagt die schlaue Arbeitsministerin Andrea Nahles, werden allein die Flüchtlinge in Deutschland neun Milliarden Euro kosten. Da rechnet sie die sogenannten "Sozialkosten" zusammen. Weder will sie damit rechnen, dass mancher Flüchtling Arbeit findet, noch damit, dass er in seine Heimat zurückkehrt. Offenkundig hat niemand Lust, die Kosten der Flüchtlingsrettung an den Kosten der Bankenrettung zu messen: Rund 600 Milliarden Euro wandten die EU-Staaten allein 2008/2009 zur Stabilisierung der Banken auf. In der Eurokrise, 2010, kaufte die Europäische Zentralbank im Rahmen ihres "Securities Markets Programme" nochmal für 210 Milliarden Euro Anleihen auf dem Finanzmarkt. Dafür könnten viele Flüchtlinge mühelos gerettet werden. Was in der Rechnerei immer fehlt: Die Pro-Kopf-Rüstungskosten zur Herstellung eines Flüchtlings. Billig ist das nicht.
"Wenn wir wollen, können wir schnell handeln" verkündet EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in Vorbereitung eines EU-Flüchtling-Gipfels. Dort werden die EU-Staaten Quoten aushandeln. Polen und Balten wird man zwingen, ein paar Alibi-Flüchtlinge aufzunehmen. Und der begabte Herr Schulz weiß auch schon wie: "Solidarität ist keine Einbahnstraße", meint er. Denn die mittel- und osteuropäischen Staaten verlangten nun mal, dass auf ihre besondere Bedrohungslage in der Nähe zu Russland Rücksicht genommen werde. "Dann müssen diese Länder aber auch – im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit – Solidarleistungen bei anderen europäischen Herausforderungen erbringen." So geht EU-Solidarität immer längs der Kriege: Die Flüchtenden aus den aktuellen Kriegen werden gegen die aus den potentiellen aufgerechnet. Die Kriege in Afghanistan, Syrien und dem Irak sind noch nicht beendet, da plant die Europäische Union schon für den nächsten an der Ostflanke der NATO. Auch parfümierte Leichen stinken.
Uli Gellermann | rationalgalerie
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