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Freunde Syriens
05|03|2013



Die ethische Währung der amerikanischen Amtsinhaber lässt sich so am ehesten veranschaulichen: Money its a game - ´mal ein paar mehr, ´mal ein paar weniger Tote.

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr

Ganz ausführlich heißt die von den USA vor einem Jahr in Tunis versammelte Syrien-Eingreif-Truppe "Gruppe der Freunde des syrischen Volkes". Mal wieder hat die USA ein Volk konstituiert, das es nicht gibt. Das, so hoffen die Strategen, hat schon in Libyen prima funktioniert: Das alte Regime ist weg, das neue kaum installiert, da ist die Neuverteilung der Rohstoff-Konzessionen einfacher.

Von Demokratie, jener Fahne der Freunde Libyens, ist nicht viel zu sehen. Nun also die Syrien-Freunde: Rund 60 Länder gehören dazu, unter ihnen die EU, die USA und jede Menge arabischer Länder, deren Demokratie-Verständnis sich auf der Ebene der Scharia abspielt. Diese Freunde machen gerade 60 Millionen Dollar für die syrische Opposition locker. Nein, nicht für Waffen, sondern damit in den "befreiten Gebieten" die neuen Regierungsstrukturen aufgebaut werden können. Das macht allerdings Geld für Waffenkäufe frei.



Es wäre eine Freude, könnte man den hehren offiziellen Zielen der "Freunde" glauben: Ein schnelles Ende des Bürgerkrieges in Syrien, eine neue demokratische Regierung, ein Gerichtsurteil oder ein Exil für Assad: Auf diese verständlichen Wünsche anständiger Menschen spekuliert eine Medienlandschaft, die nicht anständig ist. Die häufig verschweigt, dass es - von den syrischen Christen, über die Alawiten bis zu den nicht-islamistischen Sunniten - große Ängste vor einem Regime-Wechsel gibt, der die radikal-islamischen Kräfte der syrischen Opposition an die Macht bringen könnte. Denn die dominieren die bewaffneten Formationen der Opposition.



An der Spitze der radikalen muslimischen Kräfte steht die "Al-Nusra-Front". Deren Kämpfer wünschen sich einen Gottes-Staat und haben in ihren befreiten Gebieten schon mal Sharia-Gerichte etabliert. Finanziert wird die Truppe aus den Golf-Staaten, jenen Gegenden, in denen der deutsche Kampfpanzer Leopard ein neues Zuhause gefunden hat, um die eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Als relativ säkulare Formation gilt die sunnitisch geführte "Freie Syrische Armee". Sie wird sowohl von Saudi Arabien unterstützt als auch von Freunden aus Libyen: Der "Libysche Nationale Übergangsrat" sendete Geld, Waffen und mindestens 600 bewaffnete Kämpfer. Wie sich der säkulare Ruf dieser Truppe mit den Klagen der "Syrisch Orthodoxen Kirche" über "ethnische Säuberungen" verträgt, konnte bisher nicht geklärt werden. Schließlich gibt es dann noch die "Syrische Befreiungsfront". Deren Chef, Ahmed Scheik, sagte jüngst: "Wir wollen einen islamischen Staat, und wir kämpfen für ihn."



Doch wirkliche Freunde müssen manchmal, wenn es um den Regimewechsel geht, ein Auge zudrücken. Schließlich ist man auch ein Freund der geordneten westlichen Rohstoffversorgung. Und der steht das Assad-Regime nun wirklich im Wege. Denn das wollte doch vor mehr als einem Jahr - gemeinsam mit dem Irak und dem Iran - eine Erdgas-Pipeline bauen, um iranisches Erdöl außerhalb westlicher Kontrolle ans Mittelmeer zu schaffen. Das fand man im Westen nicht freundlich. Zumal das diktatorische Königreich Katar, ein wichtiger Finanzier des syrischen Aufstandes, auch eine Erdgas-Pipeline bis in die Türkei bauen möchte und Assad, unfreundlich wie er ist, diesem Bau über syrischem Boden nicht zustimmen wollte. Diese Haltung macht auch Joschka Fischer, der für die Nabucco-Pipeline die Türkei als Partner gewonnen hatte, zu einem der Freunde Syriens: Die dort von Katar geplante Röhre könnte mit ihrem Erdgas die Nabucco-Auslastung deutlich verbessern. Aber erst mit einer "flexibleren" syrischen Regierung.




Dass an der Spitze der syrischen "Nationalen Koalition", dem Empfänger der 60-Millionen-Freundschaftsspende, mit Scheich Ahmad Moaz Al-Khatib ein Lobbyist der Shell-Gruppe steht, die sich um Öl- und Gaskonzessionen in Syrien kümmert, kann kaum Zufall sein. Ganz sicher kein Zufall ist es, dass sich mit dem Boulevard-Philosophen Bernard-Henri Lévy ein Freund Syriens eingefunden hat, der, wie damals in Libyen, lauthals für ein bewaffnetes Eingreifen plädiert. Dass ein guter Freund wie der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, dem alljährlichen Rüstungstreffen in Bayern, Wolfgang Ischinger, sich für Waffenlieferungen an die syrische Opposition ausspricht, macht auch die Rüstungsindustrie zu Freunden Syriens. Und wenn der alte Syrien-Freund und Nato-Generalsekretär Rasmussen aus heiterem Himmel barmt: "Die Nato als Organisation wird alles tun, um die Türkei zu beschützen und zu verteidigen", so, als würde die Türkei von Syrien angegriffen, dann muss man sich um Syrien wirklich Sorge machen: Denn wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr.



Uli Gellermann

Quelle: Rationalgalerie

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