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Spaltpilze der Nation 24|02|2011
Von und zu Guttenberg musste im Bundestag Rede und Antwort zu "seiner gespaltenen Persönlichkeit" stehen.
Bei Menschen bei Maischberger ging Dienstag Abend die Post ab: Zur „Verteidigung“ des Gutsherren ohne Furcht und Adel [akademischem] waren als Gäste Prinzessin Anna von Bayern oder auch Anna Prinzessin von Bayern [beides erlaubt nach deutschem Adelskalender, den es ja laut Aussage der Prinzessin seit hundert Jahren gar nicht mehr gibt - „der Adel ist seit 100 Jahren abgeschafft“] sowie „Stahlgewitter“ Norbert Geis von der CSU.
Auf der „Gegenseite“ sollten Ex-Freifrau Jutta [von] Ditfurth und der österreichische Kabarettist Schneider die Diskussion würzen. Den honorigen Vermittler könnte dann der ebenfalls geladene Prof. Baring, bekennender Guttenberg Fan, abgegeben, so wohl die Regie der beliebten Talkshow.
Was dann abging, hätte einem Privatsender-Quotenknüller alle Ehre gemacht: Sobald ein paar kritische Stimmen zu dem in Frage stehenden Verteidigungsminister kamen, holzten der Bundestagsabgeordnete Geis und die Prinzessin den anderen ins Wort, damit bloß nicht die Wahrheit sich in den Hirnen der Fernsehzuschauer festsetzen konnte, daß hier geschoben und gelogen wird von den PR-Strategen zu Guttenbergs, um seine Position als Politiker zu retten.
Als z. B. die ebenfalls geladene Spiegel-Journalistin Ulrike Demmer die einzelnen Verfehlungen des Freiherrn bei seiner Doktorarbeit aufführen und das Ausmaß des Betrugs deutlich machen sollte, auf Bitten von Sandra Maischberger, donnerten sofort wieder die Haudegen Geis und Prinzessin auf sie ein. Sie konnte ihre Ausführungen, die ja nun zentral hätten sein können im Sinne des gewählten Mottos der Sendung „der Schummelbaron – Frechheit siegt“, nicht zu Ende führen, trotz mehrmaliger Versuche.
Auch hier galt: Frechheit [und Getöse] siegt.
Das war schon mal in Deutschlands Geschichte so, und spielt sich in den letzten Jahren mit für manche erfreulicher Dreistigkeit und Permanenz immer wieder in deutschen Talkshows, und natürlich auch im Deutschen Bundestag, ab.
Getöse ersetzt die sachliche Auseinandersetzung. Wenn man es ganz bösen auslegen will: Das wußten schon die Nationalsozialisten.
Norbert Geis stellte diesen Zusammenhang, der manchem Leser hier vielleicht als ein bißchen konstruiert erscheinen mag, selbst her in der Sendung. Er sprach plötzlich, auch wieder um hier Frau Ditfurth zu unterbrechen, von den „Stahlgewittern“, die von den Schmutzkampagnenführern in den Medien über Guttenberg hereinbrechen würden. Mit den präzisen Geschichtskenntnissen von Jutta Ditfurth hatte er allerdings wohl nicht gerechnet. „Stahlgewitter“ ist ein den [ersten Welt-] Krieg verherrlichender Roman des literarischen Rechtsaußen Ernst Jünger, ein äußerst umstrittenes Werk, welches aber auf Seiten der Rechtskonservativen so eine Art Bibel darstellt.
An dieser Rhetorik des Abgeordneten wird deutlich, wie geschickt die Unterstützer Guttenbergs verbal vorgehen. Den Menschen, die Mißtrauen haben gegenüber der frisch erwachten Militärnation Deutschland [Afghanistan etc.], wird journalistisches „Kriegstreiben“ [„Stahlgewitter“] vorgeworfen. Hier wird der Bock zum Gärtner gemacht.
Und eigentlich hätte es in der Sendung ja lediglich um die akademischen Manipulationen eines amtierenden Regierungsmitglieds gehen sollen. Der verlorene Krieg von '45 war plötzlich in der Sendung präsent, wie auch in anderen politischen Diskussionen wie über Hartz Vier usw., wo es auch nicht um gelungene Vermittlung von Arbeitslosen geht in Arbeitsplätze, die es gar nicht gibt, sondern um einen Krieg von Oben gegen Unten.
Es geht in der öffentlichen Diskussion um die Doktorarbeit von Minister zu Guttenberg nicht mehr um wahr und falsch oder Plagiat und „abstruse Vorwürfe gegen ihn“. Es geht um die „Lichtgestalt“ zu Guttenberg, die hier von Neidern beschädigt werden soll, laut Geis und Prinzessin. Braucht Deutschland einen neuen „Führer“? Und wozu eigentlich? Stehen wir im Krieg mit irgendwelchen anderen Nationen?
Dahinter stehen – für das Volk verborgen – knallharte Geschäftsinteressen deutscher Rüstungsunternehmen [wie schon mehrmals in der deutschen Geschichte]. Der strahlende Möchtegernschwiegersohn vieler Deutscher [hohe Umfragewerte trotz Evidenz seiner Schummelei] soll den Krieg in Deutschland wieder salonfähig machen. Das ist seine eigentliche Mission, die unverhohlen hinter den ganzen anderen Scheindiskussionen steht. Bundeskanzlerin Merkel hat am Dienstag in einer Pressekonferenz bekannt gegeben, daß sie nach wie vor an ihrem Minister fest hält. Sein wissenschaftliches Vorleben gehe sie nichts an, für sie zähle allein seine Kompetenz als Kriegsminister. [Kriegsminister hat SIE natürlich nicht gesagt. Noch nicht.] Ja auf einmal spielt in der Bildungsnation Deutschland der Erwerb eines akademischen Titels keine Rolle mehr. Huch? Wie paßt das eigentlich zu dem Leitkultur-Geschwätze der CDU die ganzen letzten Jahre, und daß Hartz Vier Kinder keine Kleidung brauchen, aber Bildungsgutscheine.
In der Zeit der Nationalsozialisten wurden die Deutschen in Arier und Juden gespalten, zum finanziellen Vorteil der Arier und existentiellen Nachteil [Tod] der anderen Gruppe. Homosexuelle, Zigeuner und politische Gegner wurden gleich mit entsorgt.
Kohl hat die Deutschen in Leistungsträger und Schmarotzer gespalten. Ebenso erfolgreich.
Und zu Guttenberg spaltet die Deutschen gerade in Monarchisten und Kriegstreiber auf der einen, und akademische Volltrottel auf der anderen Seite.
Divide et impera. Teile und herrsche. Das wußten schon die Centurionen im alten Rom.
Mal sehen, wie die Woche weitergeht.
Heidi Berg
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